Die Vorsitzenden der im Bundestag vertretenen Parteien haben während der ARD-Sendung “Gipfeltreffen Europa – Die Parteichefs im Gespräch” auch über die Krise der Regierung in Österreich gesprochen. Die Vertreter von CDU, CSU, SPD, Grünen und Linken zeigten sich darin einig, dass das Verhalten der FPÖ ein Zeichen dafür sei, wie Rechtspopulisten in ganz Europa denken. Alle warnten vor einer Zusammenarbeit mit den Rechtspopulisten.
Der Chef der rechtsgerichteten AFD, Jörg Meuthen, setzte sich dem allerdings entgegen. Ihm zufolge seien die Handlungen des mittlerweile zurückgetretenen FPÖ-Chefs Heinz-Christian Strache “inakzeptabel”, doch dürfe man das nicht auf die ganze FPÖ übertragen. Außerdem handele es sich um eine innerösterreichische Krise, in Deutschland würden die Vorgänge keine Rolle spielen, so Meuthen.
Etwa eine Woche vor der Europawahl versuchen die Parteien die Wähler verstärkt von ihren Konzepten zu überzeugen. Während der Debatte sprachen die Chefs neben der Staatskrise in Österreich auch über Themen wie Klimaschutz, soziale Gerechtigkeit oder Migration. Die TV-Diskussion zeigte große Differenzen zwischen den Parteien, die Parteichefs präsentierten sich aber unaufgeregt und ohne scharfe Töne.
Nahles macht auch CDU und CSU verantwortlich
Mit Blick auf die Affäre in Österreich kritisierte SPD-Chefin Andreas Nahles in einer Debatte auch die CDU und die CSU. Sie warf ihnen vor, zu lange eine Koalition der österreichischen Schwesterpartei ÖVP mit der FPÖ unkritisch hingenommen zu haben. Nahles hoffe auf einen Denkzettel für die Rechtspopulisten und jene konservativen Parteien, die ihnen zur Macht verholfen hätten. Deutschland müsse “das Bollwerk gegen Rechts und für dieses demokratische Europa sein.”
Ähnlich äußerten sich auch der Linken-Chef Bernd Riexinger sowie die Grünen-Vorsitzenden Annalena Baerbock. Riexinger sagte, er erhoffe sich, dass die Menschen erkennen, dass Rechtspopulisten “nichts auf der Pfanne haben, was die Interessen der Mehrheit der Menschen in Europa betrifft”. Baerbock warnte, Rechtspopulisten wollten Demokratie und Rechtsstaatlichkeit kaputtmachen. Jedem müsse nun klar sei, “dass man mit Rechtsnationalisten nicht zusammenarbeiten darf”.
Kramp-Karrenbauer: Weder in Deutschland noch Europa kann es eine Zusammenarbeit geben
CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer und CSU-Vorsitzende Markus Söder lobten die Ansetzung von Neuwahlen und das Ende der ÖVP-FPÖ-Koalition in Wien. Beide betonten, dass sie selbst eine klare Trennlinie etwa zu Ungarns umstrittenen Ministerpräsidenten Viktor Orban gezogen hätten, nachdem sie Parteichefs geworden seien. “Strache und FPÖ beweisen, was in Rechtspopulisten steckt – in ganz Europa”, sagte Kramp-Karrenbauer. Es könne weder in Deutschland noch Europa eine Zusammenarbeit mit ihnen geben. Diese Aussage ist auch mit Blick auf die im Herbst anstehenden Landtagswahlen in Sachsen, Brandenburg und Thüringen von Bedeutung, wo Mehrheiten ohne die AfD oder aber die Linkspartei nur schwer möglich sein könnten.
Auch FDP-Chef Christian Lindner begrüßte das Ende der FPÖ-Regierung in Wien. Der Preis sei für eine Gesellschaft zu hoch, wenn eine Partei an der Macht sei, die offen gegen Presse- und Meinungsfreiheit sei. In Österreich sei es den Rechtspopulisten nicht um den Willen des Volkes gegangen, “sondern die betrachten Politik als ein Geschäftsmodell”.
Video führt zu Regierungskrise
Die Video-Affäre um den inzwischen zurückgetretenen FPÖ-Chef und Vizekanzler Heinz-Christian Strache hat Österreich wenige Tage vor der Europawahl in eine Staatskrise getrieben. Strache hatte seinen Rücktritt erklärt, weil ein heimlich aufgenommenes Video Käuflichkeit im Wahlkampf 2017 nahelegte. Nachdem Österreichs Kanzler Sebastian Kurz Bundespräsident Alexander Van der Bellen auch die Entlassung von FPÖ-Innenminister Herbert Kickl vorgeschlagen hatte, kündigte die FPÖ an, sämtliche FPÖ-Ministerinnen und -Minister von der Regierung abzuziehen.
Bei der ARD-Debatte forderte Kramp-Karrenbauer auch verstärkte Möglichkeiten für die EU, um bei Verstößen gegen die Rechtsstaatlichkeit gegen Staaten vorgehen zu können. “Die EU hat da schon Zähne und Mechanismen”, diese müssten aber noch schärfer werden. Baerbock sagte, es dürfe keine öffentlichen Gelder mehr geben, wenn europäische Werte mit Füßen getreten würden. Dies forderte auch Nahles. Sie schlug vor, die Mittel sollten dann direkt an zivilgesellschaftliche Kräfte fließen.
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