Bei Ausschreitungen in Sri Lanka ist ein Muslim ums Leben gekommen. Wie ein
Polizist, der Nachrichtenagentur AFP sagte, sei der Mann kurz
nach seiner Einlieferung in ein Krankenhaus im Bezirk Puttalam an der
Westküste der Insel gestorben. Demnach hat ein Mob den 45-Jährigen mit scharfen Waffen
angegriffen. Es war den Angaben zufolge der erste Todesfall im Zuge
neuer antimuslimischer Unruhen nach den mutmaßlich
islamistischen Anschlägen auf Kirchen und Luxushotels im April.
In
zahlreichen Städten im Westen des Landes ging die Polizei gegen
hunderte Randalierende vor, die Geschäfte und Moscheen
attackierten. Nachdem sich die Ausschreitungen auch auf mehrere
Bezirke nördlich der hauptstadt Colombo ausweiteten, wurde im ganzen
Land eine sechsstündige nächtliche Ausgangssperre verhängt. “Als
die Menschenmenge versuchte, Moscheen zu attackieren, haben wir in
die Luft geschossen und Tränengas eingesetzt, um sie
auseinanderzutreiben”, sagte ein Polizeisprecher. Die Unruhen seien demnach “stark politisch” geprägt. “Es gibt
Menschen, die versuchen, politisches Kapital aus der Situation zu
schlagen.”
In
der Stadt Chilaw kam es als Reaktion auf die Facebook-Botschaft eines
muslimischen Ladenbesitzers zu Ausschreitungen. “Hört auf zu
lachen, eines Tages werdet ihr weinen”, hatte der Mann geschrieben.
Christliche Gruppen sahen darin eine Anschlagsdrohung. Sie
attackierten den Laden des Händlers und weitere Geschäfte.
Zudem randalierten sie in einer Moschee. Daraufhin ordneten die
Behörden an, den Zugang zu Online-Netzwerken wie Facebook, WhatsApp
und Instagram zu sperren.
Erste Gottesdienste seit den Anschlägen
Regierungschef
Ranil Wickremesinghe appellierte an die Bevölkerung, Gerüchten
keinen Glauben zu schenken. “Ich rufe alle Bürger auf, ruhig zu
bleiben und sich nicht von Falschinformationen beeinflussen zu
lassen”, schrieb er auf Twitter, das von der Sperre nicht
betroffen war. Ihm zufolge würden die Unruhen die Sicherheitskräfte
zusätzlich belasten und laufende Ermittlungen behindern.
Seit
der Anschlagsserie am Ostersonntag gilt in Sri Lanka der
Ausnahmezustand. Zudem wurden die Befugnisse der Polizei ausgeweitet.
Damals wurden bei Selbstmordattentaten auf drei Kirchen und drei
Hotels insgesamt 258 Menschen getötet und weitere 500 verletzt.
Später reklamierte die Dschihadistenmiliz “Islamischer Staat”
(IS) die Anschläge für sich. Sri Lankas Regierung macht die
Islamistengruppe National Thowheeth Jama’ath (NTJ) verantwortlich, glaubt aber, dass sie Unterstützung aus dem Ausland
hatte.
Am
Sonntag hatten katholische Kirchen in Colombo erstmals wieder die
Sonntagsmesse gefeiert. Aus Furcht vor neuen Anschlägen waren seit
Ostersonntag keine Gottesdienste mehr abgehalten worden. Am Dienstag
sollten auch private katholische Schulen wieder öffnen.
Elterngruppen zufolge planen aber viele Schulen, erst nächste Woche
den Betrieb wieder aufzunehmen.
Muslimischer Verband warnt vor Provokationen
Der Verband der islamischen Gelehrten
(ACJU) in Sri Lanka warnte vor zunehmendem Argwohn gegenüber der
muslimischen Minderheit im Land. Der ACJU rief Muslime auf,
provokative Beiträge in Onlinenetzwerken zu vermeiden. Bereits im vergangenen Jahr hatte es in Sri Lanka Gewalt von aufgebrachten
Buddhisten gegen Angehörige der muslimischen Minderheit gegeben, die
durch Gerüchte in sozialen Medien angeheizt wurde.
Rund
zehn Prozent der 21 Millionen Einwohner von Sri Lanka sind Muslime,
etwa 7,6 Prozent sind Christen. Die Mehrheit der Bewohner des
Inselstaats ist buddhistischen Glaubens.
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