Es gab Zeiten, da fürchtete sich die Welt vor Japan. Seine Unternehmen
und Multimillionäre kauften quer über den Globus ein. Sony holte sich den Filmproduzenten Columbia Pictures, Mitsubishi übernahm weite
Teile des Rockefeller Center, die Hotelgruppe Minami kaufte Schloss
Gymnich bei Köln und das Bauunternehmen Aoki das Hamburger
Hotel Vier Jahreszeiten. Es war noch Kalter Krieg, als der US-Ökonom und spätere
Finanzminister Lawrence Summers warnte, Japan sei eine “größere Bedrohung für die USA
als die Sowjetunion”.
Mehr als drei Jahrzehnte später wird ein Land aus Ostasien wieder als Bedrohung wahrgenommen: China. Bereits 2011 hatte es Japan als weltweit zweitgrößte Volkswirtschaft abgelöst. Investoren aus der Volksrepublik versuchen heute weltweit Schlüsselindustrien zu kaufen und in den alten Industrieländern sorgt man sich um die Expansionsstrategie der Chinesen. In Deutschland hat besonders der Kauf des Roboterherstellers Kuka – ein weltweit führender Hightech-Betrieb dieser Sparte – für Aufsehen gesorgt. Unbehagen bereiten Unternehmen wie der Netzwerkausrüster Huawei, der jahrelang ohne große Widerstände in der deutschen und europäischen Telekommunikationsbranche Anlagen bauen konnte. Heute steht Huawei unter Spionageverdacht.
Der augenfälligste Beleg für das neue Unbehagen ist sicher Pekings “One Belt, One Road”-Plan. Mit rund
900 Infrastrukturprojekten in gut 60 Ländern mit zwei Dritteln der Weltbevölkerung, die ein
Volumen von 850 Milliarden US-Dollar umfassen sollen, investiert das Land derzeit
in Straßen, Häfen, Brücken, Bahntrassen, Pipelines und Glasfasernetze. Neue Seidenstraße wird das Projekt auch genannt.
Großprojekte mit Vermerk “Quality”
Allerdings ist China längst nicht der einzige Staat, der mit
einem nationalen Plan weltweit investiert, derzeit erreicht es nicht einmal das
größte Investitionsvolumen. Überragt wird China von jenem Land, vor dem der
Welt ihre Angst längst vergangen ist: Japan. Je mehr Geld die
Regierung aus Peking jenseits der eigenen Landesgrenzen ausgibt, desto mehr scheint auch der ungeliebte Nachbar aus Tokio im Ausland zu investieren. Asiens zwei
Großmächte leisten sich gerade ein Wettrennen um regionalen Einfluss.
Wie sehr Japan sich motiviert fühlt, zeigen mehrere Vergleichsstatistiken.
Da ist etwa der jüngste Investitionsreport der UN-Behörde für Handel und
Entwicklung UNCTAD von 2018, demzufolge Japan mit 160 Milliarden US-Dollar hinter den USA der weltweit zweitgrößte Auslandsinvestor ist. China wurde auf den
dritten Platz verdrängt.
Zahlen des japanischen Finanzministeriums dokumentieren
zudem, dass sich der Besitz japanischer Unternehmen im Ausland innerhalb von
fünf Jahren verdoppelt hat. In der offiziellen Entwicklungshilfe ist Japan
hinter den USA der zweitwichtigste Geber, in den letzten fünf Jahren stiegen
die Ausgaben noch einmal merklich an. Das entspricht dem Zeitraum, seit
Chinas Regierungschef Xi Jinping 2013 erstmals international für sein
Seidenstraßenprojekt warb.
Wie im Fall Chinas ist auch in Japan an vielen Auslandsinvestitionen
der Staat beteiligt. Premierminister Shinzo Abe hat in den letzten Jahren
gleich zwei Großprojekte vorgelegt. Da ist einerseits die “Partnership for
Quality Infrastructure”, die zunächst zwischen 2016 und 2020 110 Milliarden
US-Dollar für Infrastrukturbau lockermachen sollte, dann für den Zeitraum von
2017 bis 2021 auf 200 Milliarden ausgeweitet wurde. Der Vermerk “Quality”
wird als bewusst unfreundliche Abgrenzung von Konkurrenzangeboten aus China verstanden.
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