Nachdem der iranische Präsident Hassan Ruhani angekündigt hat, Teile des internationalen Atomabkommens nicht weiter befolgen zu wollen, haben mehrere Politikerinnen und Politiker, darunter Staats- und Regierungschefs, besorgt auf die Entwicklung reagiert.
Die französische Verteidigungsministerin Florence Parly etwa brachte die Möglichkeit europäischer Sanktionen ein: “Seitens Europa gibt es heute keine Sanktionen, weil der Iran bisher immer seinen Verpflichtungen zur Kontrolle und Einhaltung von Atomanlagen im Iran
nachgekommen ist”, sagte Parly dem Sender RMC. “Wenn diese
Verpflichtungen also nicht eingehalten würden, würde diese Frage
natürlich in Europa gestellt werden.” Frankreich wolle das Abkommen mit Iran beibehalten. Das Verhalten der US-Regierung bezeichnete Parly als “Zurschaustellung der Macht der USA” und sagte, nichts wäre schlimmer, als wenn der Iran das Abkommen hinter sich ließe.
Israels Premierminister Benjamin Netanjahu sagte, sein Land werde
nicht zulassen, dass der Iran an Atomwaffen gelange: “Wir werden
diejenigen, die uns umbringen würden, weiterhin bekämpfen.”
Die russische Regierung wertete die iranische Entscheidung als Protest gegen die USA. Präsident Wladimir Putin habe wiederholt vor den unbedachten Schritten
gewarnt, die die Regierung in Washington in Bezug auf den Iran getroffen habe, sagte ein Kremlsprecher: “Und jetzt sehen wir, dass es erste Konsequenzen gibt.” Russland werde sich weiter dafür einsetzen, dass die Vereinbarungen des Atomabkommens eingehalten werden. Der russische Außenminister Sergej Lawrow bezeichnete die Lage als für den Iran inakzeptabel. “Die Situation ist aufgrund eines unverantwortlichen Verhaltens der
USA entstanden”, sagte er bei einem Treffen mit seinem iranischen Kollegen Mohammed Dschawad Sarif in Moskau.
“Im Fall von US-Angriffen auf Iran droht ein Armageddon”
In Deutschland äußerte sich unter anderen der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen zu dem Vorgang: “Diese Eskalation ist brandgefährlich”, sagte Röttgen, der dem
Auswärtigen Ausschuss des Bundestages vorsitzt, dem
Nachrichtenportal t-online. Nach dem Ausstieg der USA
aus dem Abkommen sei dieser Schritt zu befürchten gewesen. Der außenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Jürgen Hardt nannte die Entscheidung einen “folgenschweren Schritt,
der die Sicherheitslage in der gesamten Region verschärft”. Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Linken Sevim Dağdelen warnte: “Im Fall von US-Angriffen auf Iran droht im Nahen Osten ein Armageddon, das alle bisherigen US-Interventionen in der Region in den Schatten stellen wird.”
Auch China, das wie Deutschland, Frankreich, Großbritannien und
Russland versucht, das Atomabkommen seit dem Rückzug der USA am
Leben zu halten, rief dazu auf, die Vereinbarung vollständig
umzusetzen. Alle Beteiligten seien dafür verantwortlich, sagte ein Außenamtssprecher in Peking.
Irans Präsident Ruhani hatte einen Teilausstieg seines Landes aus der
Vereinbarung bekanntgegeben: Das Land werde ab diesem Mittwoch seine Bestände
an niedrig angereichertem Uran sowie an Schwerwasser erhöhen und sich
damit nicht mehr an die bislang geltenden Beschränkungen etwa für die
Reaktoranlage in Arak halten.
Das internationale Wiener Atomabkommen war im Juli 2015 geschlossen worden. Die Vereinbarung soll es dem Iran
mit strengen internationalen Kontrollen unmöglich machen, Atomwaffen zu
entwickeln. Das Land sollte beispielsweise bislang nur 300 Kilogramm angereichertes Uran vorhalten. Im Gegenzug stellten die Vertragspartner, vor allem die
USA, einen Abbau von Sanktionen und eine Normalisierung der
Wirtschaftsbeziehungen in Aussicht. Die USA traten Anfang Mai 2018 einseitig aus dem internationalen Abkommen aus.
Ruhani rechtfertigte die Entscheidung mit dem Vorgehen der USA: “Wir sind nicht aus dem Atomdeal ausgestiegen, sondern machen von unserem
legitimen Recht Gebrauch, einem Vertragsbruch zu entgegnen. Wir können ja nicht alleine ein internationales Abkommen umsetzen, wenn die Gegenseite dies nicht tut.”
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