Der Rechtspopulismus hat sich in der Gesellschaft verfestigt. Ein Drittel der Deutschen befürwortet nicht liberale Aussagen und stellt infrage, dass alle Menschen die gleichen Rechte haben. Jeder Zehnte ist der Meinung, es gebe wertvolles und unwertes Leben. Besonders weit verbreitet sind negative Einstellungen gegenüber Asylsuchenden. Das stellt die neue Mitte-Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung und dem Institut für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung (IKG) der Universität Bielefeld fest. Befragt wurden 1.890 Männer und Frauen. Die Untersuchung ist repräsentativ und Teil einer Studienreihe, die bereits seit 2002 durchgeführt wird.
Zugleich kommt die aktuelle Befragung auch zu dem Ergebnis, dass der Großteil der Deutschen die Demokratie befürwortet und für Vielfalt in der Gesellschaft ist. Sexismus, Homophobie und Vorurteile gegenüber Wohnungslosen haben demnach stark abgenommen. Mehr als 80 Prozent der befragten Deutschen finden es gut, wenn sich Menschen gegen Hetze stellen und sich für Minderheiten einsetzen.
Kein Ost-West-Unterschied
Ebenso sind die allermeisten Deutschen für Europa und befürworten auch die Europäische Union, viele wollen sie gestärkt sehen. Nur eine kleine Minderheit glaubt, dass es Deutschland ohne die EU besser ginge. Rechtsextrem haben sich in der Studie nur zwei bis drei Prozent der Befragten geäußert. Entgegen der verbreiteten Meinung zeigte sich dabei auch kein Unterschied zwischen Ost- und Westdeutschland.
Deutlich stärker sind bei den Befragten hingegen nationalchauvinistische Einstellungen vertreten, wie beispielsweise die Forderung, Deutschland müsse in der Außenpolitik erst einmal an nationale Interessen denken.
Die Autorinnen und Autoren der Untersuchung sehen in den jüngsten ambivalenten Ergebnissen daher ein Zeichen dafür, dass es nur vordergründig gut um die Demokratie bestellt ist. Zwar werde sie als beste Staatsform angesehen, aber zugleich seien antidemokratische und antipluralistische Überzeugungen in der Bevölkerung weit verbreitet.
Zugleich haben Medien und Politik an Vertrauen bei den Bürgerinnen und Bürgern verloren. 45 Prozent der befragten Menschen stimmten der Aussage zu, politische Entscheidungen würden von externen Mächten beeinflusst. Viele Menschen halten außerdem die Medien für unglaubwürdig, man traut eher den eigenen Einschätzungen als Expertinnen und Experten.
AfD-Anhänger sind deutlich menschenfeindlich
Generell äußerten sich die AfD-Wählenden deutlich antidemokratischer und menschenfeindlicher als Anhängerinnen und Anhänger anderer Parteien oder Nichtwähler. Aber: Eine starke Zunahme von rechtspopulistischen Einstellungen konnten die Forscher insgesamt nicht ausmachen. Jeder Fünfte gilt demnach als rechtspopulistisch eingestellt, bei 42 Prozent der Befragten konnten die Studienautoren eine Tendenz dazu ausmachen – das ist im Vergleich mit den Analysen seit dem Jahr 2002 aber keine deutliche Zunahme.
Zwischen den Jahren 2004 bis 2006 äußerten sich fast 41 Prozent der
Befragten offen fremdenfeindlich. Heute liegt dieser Wert bei 18,8
Prozent der Befragten. Zugleich hat auch die Islamfeindlichkeit
abgenommen. War 2006 noch fast ein Drittel der befragten Personen sehr
negativ gegenüber Muslimen eingestellt, sind es heute nur noch 18,7
Prozent der Befragten.
Vieles deutet darauf hin, dass die extremen Einstellungen etwas abgenommen haben, die weicheren, demokratiekritischen und antipluralistischen Ansichten hingegen verbreiteter sind. Andreas Zick, Direktor des Instituts, das die Untersuchung durchgeführt hat, wertet die Ergebnisse daher als Anzeichen dafür, dass die Demokratie in Deutschland instabiler werden könnte. Um dem vorzubeugen, brauche es mehr Demokratiebildung und Bemühungen, Vorurteile abzubauen. Wichtig sei daher, menschenfeindliche und demokratiemissachtende Meinungen als solche zu benennen statt sie zu verharmlosen.
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