Der neue Regierungschef Israels wird höchst wahrscheinlich der alte sein: Präsident Reuven Rivlin hat den bisherigen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu erneut mit der Regierungsbildung beauftragt. 65 der 120 künftigen Parlamentsabgeordneten empfahlen Netanjahu als künftigen Regierungschef, wie Rivlin auf Twitter schrieb. Der 69-jährige Netanjahu hat nun bis zu sechs Wochen Zeit, eine Koalition zu bilden. Als Knackpunkt in den Koalitionsverhandlungen gilt allerdings ein Gesetz, um schrittweise mehr strengreligiöse Männer zum Wehrdienst zu verpflichten.
Israel hatte vergangene Woche ein neues Parlament gewählt. Nach den offiziellen Ergebnissen erzielte die rechtskonservative Likud-Partei von Netanjahu 35 von 120 Sitzen im Parlament, genau wie das oppositionelle Mitte-Bündnis (Blau-Weiß) von Ex-Militärchef Benny Gantz. Allerdings hat das Lager rechter und religiöser Parteien eine Mehrheit.
So sprachen sich die strengreligiösen Parteien Schas und Vereinigtes Tora-Judentum ebenso für Netanjahu aus wie die ultrarechte Israel Beitenu von Avigdor Lieberman und die Union rechter Parteien. Auch Finanzminister Mosche Kachlon mit der Mitte-Partei Kulanu stützt demnach Netanjahu.
Das Wehrpflichtgesetz war bereits ein Auslöser für die Regierungskrise im vergangenen Jahr, die zu den vorgezogenen Wahlen im April geführt hatte. Regulär wäre erst im November gewählt worden. Die strengreligiösen Parteien lehnen den Militärdienst von strengreligiösen Männern strikt ab. Lieberman, der bis Ende letzten Jahres Verteidigungsminister war, hat das Gesetz allerdings zur Bedingung für eine Regierungsbeteiligung gemacht.
Der Wahlkampf war überschattet worden von Korruptionsvorwürfen gegen Netanjahu. Der Ministerpräsident wird verdächtigt, von befreundeten Milliardären teure Geschenke angenommen zu haben. Netanjahu wird zudem vorgeworfen, als Kommunikationsminister dem Telekomunternehmen Bezeq rechtliche Vergünstigungen gewährt zu haben. Im Austausch dagegen soll das zum Konzern gehörende Medium Walla positiv über ihn berichtet haben. Außerdem soll er einem kritischen Zeitungsverleger angeboten haben, im Gegenzug für positive Berichterstattung dessen Konkurrenzblatt zu schwächen. Noch in diesem Jahr könnte es zu einer Anklage kommen.
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