Das Berliner Verwaltungsgericht hat eine Unterlassungsklage des Satirikers Jan Böhmermann gegen das Bundeskanzleramt und Kanzlerin Angela Merkel (CDU) abgewiesen. Damit scheiterte der Satiriker mit seiner Forderung, Merkel zu verbieten, sein “Schmähgedicht” gegen den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan als “bewusst verletzend” zu kritisieren. Das Kanzleramt hatte sich aber ohnehin verpflichtet, dies nicht zu wiederholen.
Ausgangspunkt der Klage war ein Auftritt Böhmermanns in seiner ZDF Sendung Neo Magazin Royale. Dort hatte er am 31. März 2016 ein Gedicht verlesen, in dem Erdoğan sexueller Handlungen wie
Pädophilie und Sodomie bezichtigt wurde. Dagegen war der türkische
Präsident straf- und zivilrechtlich vorgegangen. Die Folge war ein diplomatischer Eklat, die Kanzlerin kritisierte die Verse zunächst als “bewusst verletzend”. Später bezeichnete sie diese Kritik als “Fehler”.
“Das ist in der Welt, und das ist nicht ein alter Hut”
Im Prozess hatte Böhmermanns Anwalt Reiner Geulen argumentiert, die Kritik Merkels stelle eine “nicht hinzunehmende staatliche Vorverurteilung” dar. Der Satiriker sehe seine Grundrechte auf Presse- und Kunstfreiheit verletzt. Es sei nicht zu akzeptieren, dass sich die Bundesregierung “aus politischen Gründen mit juristischen Bewertungen in die freie und unabhängige Rechtsprechung einmischt.”
Geulen störte sich auch daran, dass sich die Formulierung der Kanzlerin weiterhin im Onlineauftritt der Bundesregierung findet. Dort hinterlegt ist das Protokoll einer Bundespressekonferenz vom April 2016, auf der Regierungssprecher Steffen Seibert Merkels Kritik an dem Gedicht wiedergegeben hatte. Geulen bemängelte nun, die digitale Dokumentation der Formulierung sei mit einer “ständigen Wiederholung” dessen gleichzusetzen. “Das ist in der Welt, und das ist nicht ein alter Hut”, sagte er.
Wolfram Hertel, der das Bundeskanzleramt vertrat, hielt dagegen, es handle sich ausschließlich um ein wahrheitsgemäßes Protokoll. Es bestehe keinerlei Gefahr, dass die Bundesregierung diese Formulierung so wieder tätigen werde. Zudem habe Merkel das Gedicht ausschließlich politisch und nicht etwa juristisch bewertet.
Gericht sieht Sachlichkeitsgebot nicht verletzt
Dieser Argumentation folgte das Gericht nun und wies die Klage des Satirikers als unzulässig ab. Die Berliner Verwaltungsrichter erkannten vielmehr an, dass “sich bereits im April 2016 von ihrer Äußerung distanziert” habe. Zudem habe das Kanzleramt im Gerichtsverfahren eine Wiederholung ausgeschlossen. Die öffentliche Erklärung sei auch nicht rechtswidrig gewesen.
Zudem, so das Gericht, könne sich die Kanzlerin auf ihre Kompetenz zur Staatsleitung stützten. Die verfassungsrechtlichen Anforderungen an staatliche Kommunikation seien gewahrt, das Sachlichkeitsgebot sei nicht verletzt. Die Äußerung ein vertretbares Werturteil.
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