EU-Ratspräsident Donald Tusk hat die Mitgliedsstaaten des Bündnisses
aufgefordert, Frankreich beim Wiederaufbau der durch den Großbrand
verwüsteten Kathedrale Notre-Dame zu helfen. Das Feuer erinnere Europäer
daran, “wie viel wir verlieren können”, sagte er zu
Abgeordneten. “Es geht hier um mehr als nur materielle Hilfe. Das
Brennen der Kathedrale Notre-Dame hat uns wieder bewusst gemacht, dass
wir durch etwas Wichtigeres und Tiefgründigeres als Verträge verbunden
sind.” EU-Parlamentspräsident Antonio Tajani schlug
EU-Abgeordneten vor, ihr Tagesgehalt für die Finanzierung des
Wiederaufbaus zu spenden.
So wie andere Staaten kündigte auch Deutschland Unterstützung für sein Nachbarland an. Der französische Präsident habe zur Hilfe für
den Wiederaufbau weit über Frankreich hinaus aufgerufen, twitterte
Außenminister Heiko Maas. “Deutschland steht dazu in engster
Freundschaft bereit”, schrieb der SPD-Politiker. “Wir sind in Trauer
vereint. Notre-Dame ist kulturelles Erbe der Menschheit und Symbol für
Europa.”
Der Brand war am Montagabend ausgebrochen und hatte sich dann sehr schnell auf rund 1.000 Quadratmeter ausgebreitet. Die Flammen verwüsteten den Sakralbau, der Dachstuhl stand lichterloh in Flammen. Das Feuer konnte erst am Dienstagmorgen komplett gelöscht werden. Das genaue Ausmaß der Zerstörungen war noch nicht bekannt. Die Pariser Staatsanwaltschaft leitete eine Untersuchung wegen unbeabsichtigter
Zerstörung durch Feuer ein, von Brandstiftung war bislang nicht die
Rede. Der Brand könnte mit Bauarbeiten auf dem Dach der Kirche
zusammenhängen. Frankreichs
Präsident Emmanuel Macron hatte am Abend erklärt, das Schlimmste sei
verhindert worden.
Eine internationale Geberkonferenz soll nun Geld für den
angestrebten Wiederaufbau sammeln. Einen entsprechenden Vorschlag
verkündete die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo per Twitter. Sie wolle die Spenderkonferenz im Rathaus von Paris veranstalten, um die notwendigen Mittel für den Wiederaufbau der Kathedrale zusammenzubekommen.
Russland will Experten nach Paris schicken
So wie Tusk forderte auch Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer eine europaweite Spendenbereitschaft. “Ich
wünsche mir die gleiche Solidarität und Unterstützung, die wir für die
Frauenkirche hier in Dresden bekommen haben, jetzt auch für Notre-Dame”,
sagte der CDU-Politiker im MDR. Dies sei “ein Moment, wo man es nicht dem Staat überlassen
sollte, sondern wo wir alle miteinander unseren Beitrag leisten können,
mit einer Spende”. Notre-Dame gehöre “zu uns allen in Europa”.
Erste Großspender gibt es bereits: Die Familie des französischen Unternehmers und Milliardärs
Bernard Arnault kündigte über Arnaults Luxuslabel LVMH an, sich mit 200
Millionen Euro an der Rekonstruktion beteiligen zu wollen. Zuvor hatte
bereits die französische Milliardärsfamilie Pinault 100 Millionen Euro
für den Wiederaufbau versprochen. Die extrem wohlhabenden Franzosen Arnault und
Pinault sind als Kunstliebhaber, Mäzene und Konkurrenten bekannt.
Hilfsangebote kamen auch aus Russland. Dort bot Präsident Wladimir Putin die Hilfe von russischen Spezialisten beim
Wiederaufbau von Notre-Dame an. “Er schlug vor, die besten Experten nach
Frankreich zu schicken. Sie haben große Erfahrung in der Restaurierung
von Weltkulturerbe”, teilte der Kreml mit. Die Kathedrale sei ein unschätzbarer kultureller Wert für Europa und die
ganze Welt, sagte der russische Präsident in einem Schreiben an seinen
französischen Kollegen Macron. “Das Unglück, das in dieser
Nacht geschehen ist, schmerzt auch in den Herzen der Russen.”
“Es geht da um Jahrzehnte”
Experten und Architekten wollen nun darüber beraten, ob die Kathedrale stabil ist. Wie lange der Wiederaufbau dauert, ist noch unklar. Der Kölner Dombaumeister
Peter Füssenich rechnet mit Jahrzehnten. “Jetzt zu
spekulieren, wie lange der Wiederaufbau dauern und was er kosten wird,
ist ein Blick in die Glaskugel”, sagte Füssenich. “Aber allein wenn man die Fernsehbilder
gesehen hat, weiß man, dass es nicht nur Jahre sein werden, bis der
letzte Schaden beseitigt ist, sondern dass es da um Jahrzehnte geht.”
Die
nächsten Tage seien nun entscheidend, sagte Experte. Die
steinernen Deckengewölbe unterhalb des verbrannten Dachstuhls hätten
sich mit Löschwasser vollgesogen. “Das hat dazu geführt, dass es zu
einer Gewichtszunahme der überwölbten Decken um ein Vielfaches gekommen
ist. Man wird die nächsten Tage abwarten müssen, ob die Gewölbe
standhalten trotz dieses Gewichts.” Die Zerstörung des Dachstuhls von Notre-Dame sei ein besonders großer
Verlust, weil er überwiegend noch aus dem 13. Jahrhundert gestammt habe.
Hits: 4