Noch ist Kai Wegner nicht gewählt als Landesvorsitzender der Berliner CDU, doch auf dem Weg dorthin ist er wieder einen Schritt weiter. Der erste war die Erklärung der Kampfkandidatur, der zweite die Verdrängung der Konkurrentin, der dritte ist die Einbindung der bisherigen Führung.
Er macht den Mann zu seinem Generalsekretär, an den er selbst das Amt verlor: Stefan Evers. Nach der Kritik an seinem Vorgehen aus der eigenen Partei, aber auch aus den Wirtschaftsverbänden, die er zu einer der Kernzielgruppen seiner „lauteren“ Politik erklärte, bemüht sich der Kandidat also zunächst einmal leise um eine Beruhigung der aufgewühlten, zerrissenen CDU.
Das ist taktisch klug, nicht nur im Hinblick auf die eigene Wahl. Evers mag es an Lautstärke mangeln, aber als ehrenamtlicher Manager der Partei hat er sich auch bei einigen innerparteilichen Gegnern nach seiner demütigend knappen Wahl Respekt verschafft. Zugleich anerkennt Wegner die Leistung von Evers und sendet damit die Kernbotschaft des Konservatismus aus: nicht alles anders machen zu wollen, aber einiges besser.
Wegner kündigt eine personelle Überraschung an
Wie gehaltvoll dieses implizite Versprechen ist, wird sich beim vierten Schritt zeigen, wenn Wegner Anfang Mai den Rest seines Teams vorstellt. Eine Überraschung soll es geben, kündigt er nahezu beiläufig an, womit er die Personalie Evers, die keineswegs selbstverständlich war, auf die Ebene der Normalität herabstuft.
Gut möglich, dass der Neuköllner Stadtrat Falko Liecke dabei ist, ein früher Kritiker der Flüchtlingspolitik Angela Merkels. Das wäre eher keine Überraschung. Monika Grütters? Ihr hat Wegner bereits den Listenplatz bei der nächsten Bundestagswahl versprochen, aber selbst ihre Einbindung in den engeren Führungskreis wäre keine wirkliche Überraschung.
Noch ist keine Spitzenkandidatin, kein Spitzenkandidat wahrscheinlich oder gar sicher. Ein friedlicher Führungswechsel mit Grütters erhält immerhin eine Option. Die CDU braucht aber mindestens zwei oder gar drei, wenn der Startschuss für dieses Amt fällt.
Sich modern geben, ohne Bodenhaftung zur Scholle zu verlieren
Eine echte Überraschung wäre jemand mit bundespolitischer Prominenz, und eine Überraschung wäre es auch, wenn keine Frau in die engere Führung käme.
Der fünfte Schritt aber ist der schwerste – und zugleich der wichtigste. Dem Sturz von Grütters haftet der Ruf des Rückfalls ins selbstgefällige Kleingärtnerische der Berliner CDU an. Wegner, Besitzer eines Gartenzwergs mit Hertha-Trikot, weist dies von sich. Er will sich in großstädtische, moderne Milieus strecken, ohne die Bodenhaftung zur Scholle zu verlieren. Platz dafür ist in der Stadt. Ob er ihn auszufüllen vermag, auch jenseits der eigenen Partei, muss er zeigen – ab sofort, unverzüglich.
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