/Kreml-Kritiker: Menschengerichtshof rügt Russland für Hausarrest von Alexej Nawalny

Kreml-Kritiker: Menschengerichtshof rügt Russland für Hausarrest von Alexej Nawalny

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat Russland wegen des Hausarrests gegen den Oppositionspolitiker Alexej Nawalny gerügt. Die 2014 erfolgte Maßnahme sei nicht gerechtfertigt gewesen und verstoße gegen die Menschenrechte, teilten die Richter an diesem Dienstag mit. Ziel sei es gewesen, Nawalnys politische Aktivitäten zu unterbinden. Der Hausarrest verstoße gegen Artikel 5, 10 und 18 der Europäischen Menschenrechtskonvention, wie es in dem schriftlich verkündeten Urteil heißt (Beschwerdenummer 43734/14).

Der russische Staat muss Nawalny nun mehr als 22.600 Euro Entschädigung
zahlen, unter anderem, weil Nawalnys Menschenrechte auf Freiheit und auf freie
Meinungsäußerung verletzt worden seien. Die Entscheidung der Richter ist
allerdings noch nicht rechtskräftig. Sie kann sowohl von Moskau als auch
von Nawalny innerhalb von drei Monaten angefochten werden.

Russische Richter hatten den Hausarrest im Jahr 2014 im Zuge strafrechtlicher Ermittlungen gegen Nawalny angeordnet. Laut Menschenrechtsgerichtshof musste Nawalny eine elektronische Fußfessel tragen, durfte nur mit seinen nahen Familienangehörigen sowie seinen Anwälten kommunizieren und weder Briefe schreiben noch sich im Internet zu Wort melden. Nach seiner Verurteilung wegen Geldwäsche beendete Nawalny den Hausarrest eigenmächtig.

Die Auflagen gegen den Oppositionellen seien unverhältnismäßig gewesen, argumentierten nun die Straßburger Richter – zumal keine Fluchtgefahr bestanden habe. Damit stellten sie erneut ein politisch motiviertes Vorgehen Russlands gegen Nawalny fest. Der Gerichtshof hatte Russland schon im November 2018 wegen mehrerer Festnahmen Nawalnys aus ähnlichen Gründen verurteilt.

Nawalny begrüßte das neuerliche Urteil. Auf Instagram schrieb er: “Ich
bin zuversichtlich, dass diese Entscheidung wichtige Konsequenzen für
diejenigen in Russland haben wird, die ständig einer solchen
Gesetzlosigkeit ausgesetzt sind.” Der Kreml zeigte sich hingegen
überrascht von der Entscheidung: “Das ist tatsächlich unerwartet”,
erklärte Sprecher Dmitri Peskow der Agentur Tass zufolge. “Man kann dem
wohl kaum zustimmen.”

Nawalny gilt als einer der prominentesten Kritiker des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Der Anwalt veröffentlicht seit 2007 in seinem Blog kritische Recherchen über die Geschäftspraktiken russischer Großkonzerne. Er war ein Wortführer der Massenproteste gegen die umstrittene Parlamentswahl im Dezember 2011 und Putins Wiederwahl ins Präsidentenamt im Mai 2012. Bei der Bürgermeisterwahl in Moskau im September 2013 landete Nawalny auf dem zweiten Platz.

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