Führende europäische Politiker sehen die Verantwortung für einen geregelten oder doch ungeregelten Brexit allein bei Großbritannien. EU-Chefunterhändler Michel Barnier betonte, die EU sei grundsätzlich zu einer erneuten Verschiebung des Brexit-Datums bereit. Diese müsse aber einem “Zweck” dienen, sagte er und stellte klar: Wenn Großbritannien einen chaotischen Austritt vermeiden wolle, müsse es für den Austrittsvertrag stimmen. “Das bleibt die Verantwortung des Vereinigten Königreichs.” Die EU werde den Vertrag selbst nicht mehr ändern.
Barnier sprach von einer “schwerwiegenden und komplexen” Lage, stellte aber einen Ausweg seitens der EU in Aussicht: Die Staatengemeinschaft sei bereit, eine begleitende politische Erklärung zu den künftigen Beziehungen mit Großbritannien “zu verbessern”, etwa um Forderungen der oppositionellen Labour-Partei nach einer Zollunion zu berücksichtigen, sagte der EU-Verhandlungsführer. Dies könne binnen “einiger Tage, einiger Stunden” erfolgen.
May reist nach Frankreich und Deutschland
An diesem Mittwoch wollen die Staats- und Regierungschefs der EU darüber entscheiden, ob es eine zweite Verschiebung des Brexits gibt.
Wenn sie das verweigern, ist mit einem chaotischen Ausscheiden
Großbritanniens aus der EU am Freitag zu rechnen. Die Frist am Freitag
war vor einigen Wochen von der EU festgelegt worden.
May hat eine
neue Verschiebung bis 30. Juni beantragt. Sie will darüber auch mit
Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron beraten. Zugleich führt ihre Regierung Gespräche mit der
oppositionellen Labour-Partei, um einen Kompromiss für ein
Brexit-Abkommen zu erzielen.
EU-Ratspräsident Donald Tusk hat die 27 anderen EU-Länder dazu
aufgefordert, Großbritannien eine flexible Verlängerung von bis zu einem
Jahr anzubieten, damit es keinen für den Handel schädlichen Brexit
gibt.
Erste Beratungen darüber gab es an diesem Dienstag zwischen den EU-Europaministern mit EU-Chefunterhändler Barnier. Alle Minister hätten betont, dass “eine Verlängerung ein Instrument ist und kein Ziel an sich”, sagte Rumäniens Europaminister George Ciamba, dessen Land derzeit den EU-Vorsitz innehat. Auch er betonte: Theresa May müsse “einen klaren Plan” vorlegen, um die Verlängerung zu rechtfertigen. Irlands Außenminister Simon Coveney sprach ebenfalls von einem “klaren
Plan”, den die EU sehe wolle – “für ein Ergebnis, das wir alle wollen,
nämlich einen gemanagten und vernünftigen Brexit.”
EU-Kommissar Günther Oettinger sagte, im Falle eines erneuten Referendums oder von Neuwahlen sei auch eine Verlängerung der EU-Mitgliedschaft bis um ein Jahr möglich, sagte er dem Handelsblatt. Eine Verschiebung um wenige Tage sei denkbar, wenn die britische Premierministerin Theresa May sich mit Oppositionsführer Jeremy Corbyn auf einen Verbleib in der Zollunion sowie eine Zustimmung zum Austrittsabkommen einigen könne. Der deutsche Europastaatsminister Michael Roth sagte, die Situation sei “sehr, sehr frustrierend”.
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