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Soziale Marktwirtschaft: Was Deutschland stark macht

Wenn man in nicht industrialisierte Länder oder Schwellenländer reist, trifft man oft auf eine ungeheure Erwartungshaltung hinsichtlich der wirtschaftlichen Kooperationsmöglichkeiten mit Deutschland. Oft stehen im Zentrum dieser Hoffnungen große deutsche Industrienamen wie Siemens, Volkswagen, BASF und andere. Gelegentlich richten sich die Erwartungen auch auf staatliche Investitionen aus Deutschland. Nicht selten reagieren die Gastgeber dann mit Erstaunen, wenn man darauf hinweist, dass der Staat sich auf Rahmenbedingungen für Investitionsvorhaben beschränkt und dass auch die berühmten Industrienamen zwar große Bedeutung haben, die eigentliche Stärke unseres Landes aber im Mittelstand liegt.

Natürlich geht es dabei um die 1200 “Hidden Champions”, deren Produkte aber weltweit führend sind. Aber es geht auch um viele andere, die zwar keine Champions, aber doch außerordentlich erfolgreich sind. Das “Geheimnis” des deutschen ökonomischen Erfolgs besteht sogar im Zusammenspiel zwischen weltumspannenden Konzernen und diesen oftmals schnellen, innovationsstarken und kreativen kleinen und mittelständischen Unternehmen. Dazu kommen staatliche oder halbstaatliche Forschungseinrichtungen sowie eine spezielle Form gegenseitiger Verantwortung von Arbeitgebern und Arbeitnehmervertretern und ihrer Gewerkschaften. Zusammen bilden sie das Erfolgsmodell, das wir soziale Marktwirtschaft nennen.

Mittelstand in Deutschland ist dabei etwas anderes als in europäischen Nachbarländern. Wir reden oft über Tausende von Beschäftigten, hohe Innovationskraft, globale Ausrichtung und trotzdem von Familienunternehmen. Ihr Ziel ist ein langfristiger wirtschaftlicher Erfolg. Am liebsten möchten es die Unternehmenseigentümer noch erleben, dass ihre Enkel diesen Erfolg fortsetzen.

Die Voraussetzungen für die Bereitschaft, in einem anderen Land zu investieren, sind dabei nicht nur vielversprechende Absatzchancen, sondern verlässliche Investitionsbedingungen, Rechtsstaatlichkeit, Transparenz des Steuersystems und Investitionssicherheit. Anders als Konzerne wollen diese Unternehmen sich nur auf ihre Kernkompetenz konzentrieren und keine juristischen Stabsabteilungen beschäftigen, die sich durch komplexe staatliche Hierarchien arbeiten. Im Gegenzug bekommt ein Land, das ein mittelständisches Familienunternehmen zur Investition bewegen kann, einen sehr treuen Investor. Diese Unternehmen fühlen sich am Ort schnell ebenso dem Land und der Region verpflichtet wie “zu Hause” in Deutschland.

Der Mittelstand ist in Deutschland ein Jobmotor, der vor allem sozialversicherungspflichtige und kaum prekäre Arbeitsverhältnisse schafft. Der interessante und weltweit am wenigsten verstandene Ausdruck dieses Modells ist allerdings die Berufsausbildung. Rund 50 Prozent aller Ausbildungsplätze in Deutschland finden sich in Betrieben mit unter 50 Beschäftigten. Qualifikation ist von jeher eine der zentralen Säulen, auf denen der wirtschaftliche Erfolg Deutschlands beruht. Und sogar der sichtbarste Ausdruck des Verfassungsauftrags aus Artikel 14 des Grundgesetzes: “Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.” Und natürlich dient die qualifizierte Berufsausbildung den Interessen des Unternehmens, “zugleich” aber eben auch der allgemeinen Stärke des einzelnen Auszubildenden und der gesamten Gesellschaft. Und es sind gerade die kleinen und mittelständischen Unternehmen in Familienbesitz, die sich in wirtschaftlichen Krisen immer dieser Aufgabe bewusst waren. Hier wurden schon mal junge Menschen ausgebildet, bei denen nach Feierabend noch die Meisterin oder der Meister selbst Nachhilfe geben mussten, um neben dem praktischen Teil auch die theoretischen Anforderungen der Berufsschule zu erreichen.

Die Verbindung von Praxis und Theorie in der dualen Ausbildung verschafft den Auszubildenden gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Und sie nutzt den Interessen der Arbeitgeber, möglichst vielseitig ausgebildeten Nachwuchs zu schaffen. Ihre
“ownership”
für die Ausbildung ist eines der großen Erfolgsmodelle der deutschen Wirtschaft, und es ist gut, dass die Arbeitgeber ihr Recht (und ihre Pflicht) auszubilden immer mit Zähnen und Klauen verteidigt haben, wenn Parteien oder staatliche Institutionen auf die Idee kamen, sie könnten es eigentlich besser. Der Wunsch ausländischer Beobachter, doch bitte das duale Modell in ihre Länder zu übertragen, ist deshalb nicht so einfach zu erfüllen, weil es diese
“ownership”
in der Berufsausbildung voraussetzt. Deutsche Unternehmen – vor allem mittelständische – können diese Beispiele aber mit ins Ausland nehmen und tun dies auch. Sie sind ein ganz praktischer Beitrag für die Entwicklung dieser Länder.

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