Im wunderbar abgründigen Alterswerk des japanischen Literaturnobelpreisträgers Kenzaburo Ōe kann man sich träumend verlieren und dabei etwas über sich selber lernen.
7. April 2019, 7:48 UhrEditiert am 7. April 2019, 7:48 Uhr
Westliche Städte und Bücher sind einfach zu lesen. Unter den Linden in
Berlin, die Champs-Élysées in Paris – klare Sichtachsen und Alleen führen auf Plätze und zu
Palästen, die Wendepunkten eines Romans gleichen, der einen Anfang und ein Ende hat.
Japanische Städte sind anders. In ihren verschlungenen Straßen hat man überall das Gefühl, man
werde aus diesem faszinierenden Labyrinth vielleicht nie mehr herausfinden. Darin gleichen sie
den japanischen Büchern. Die
Éducation Sentimentale
oder die
Buddenbrooks
sind zwar reich an Figuren und Episoden, aber sie erzählen von den enttäuschten Illusionen
eines jungen Mannes und dem Niedergang einer Familie so bündig, dass man ihre Handlung zur Not
in einem Satz zusammenfassen könnte, ohne dass dieser Satz ganz falsch wäre. Einen Roman eines
japanischen Autors oder einer japanischen Autorin wie Kenzaburo Ōe, Haruki Murakami oder
Banana Yoshimoto kann man in einem solchen Satz nicht zusammenfassen, das ist der
entscheidende Unterschied.
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