Algeriens Präsident Abdelaziz Bouteflika hat seinen sofortigen Rücktritt eingereicht. Der Staatschef habe dem algerischen Verfassungsrat mitgeteilt, dass er “am heutigen Tag” sein Amt niederlege, berichtete das Staatsfernsehen. Zuvor hatte Algeriens Armeechef und Vize-Verteidigungsminister Ahmed Gaid Salah ein “unverzügliches” Amtsenthebungsverfahrens gefordert.
Der 82-jährige Präsident war kaum in der Öffentlichkeit zu sehen, seit er 2013 einen Schlaganfall erlitt. Nachdem in den vergangenen Wochen landesweit Menschen bei Massenprotesten seine Demission gefordert hatten, hatte er am Montag nach 20 Amtsjahren angekündigt, vor dem Ende seiner Amtszeit am 28. April zurückzutreten. Das genaue Datum ließ er aber offen. Erst vor kurzem hatte er die für Mitte April angesetzte Präsidentschaftswahl angesichts der Massenproteste gegen ihn abgesagt und damit seine Amtszeit auf unbestimmte Zeit verlängert.
Der ehemalige Ministerpräsident Ali Benflis und die moderat-islamistische Bewegung MSP hatten nach Bouteflikas Rückzugsankündigung vom Montag angekündigt, diese dürfe nur ein erster Schritt sein. Sie befürchten, dass die nur wenig Vertrauen genießende politische Elite an der Macht bleiben wird. Benflis warnte, “verfassungsfremde Kräfte” versuchten, das Land zu manipulieren – damit war offenbar Bouteflikas einflussreicher Bruder Saïd gemeint.
Auch die Proteste waren trotz der Rücktrittsankündigung Bouteflikas weitergegangen. Hunderte Menschen
protestierten im Zentrum der algerischen Hauptstadt Algier gegen die
Regierung und den Machtzirkel um den altersschwachen Präsidenten. Mit dem Schritt werde ihre Forderung nach
grundlegenden Änderungen an der undurchsichtigen Machtstruktur in
Algerien nicht erfüllt, kritisierten Demonstranten und Oppositionelle.
Die Opposition bezeichnete die neu eingesetzte Regierung als
“illegitim”. Die Demonstranten warfen der Staatsführung
Reformunwilligkeit vor.
Zuletzt hatte sich auch das Militär gegen Bouteflika gewandt und
seinen Rückzug gefordert. Frühere Unterstützer, wie Generalstabschef
Ahmed Gaid Salah oder der frühere Premierminister und Koalitionspartner
Ahmed Ouyahia, hatten sich angesichts des öffentlichen Drucks abgewendet und offen den Rückzug Bouteflikas gefordert. Auch Ex-Premier Benfli
äußerte Unterstützung für die Armee: “Es ist nur ein institutioneller
Schutzwall übrig”, sagte er, “der unserer Streitkräfte, mit dem
algerischen Volk selbst in fester Unterstützung an ihrer Seite.”
Kampf um Nachfolge Bouteflikas eröffnet
Laut algerischer Verfassung übernimmt im Fall des Rücktritts des Staatsoberhauptes der Präsident des Oberhauses das Amt. Derzeit ist das Abdelkader Bensalah, der als Vertrauter Bouteflikas gilt. Binnen 90 Tagen muss ein neuer Präsident gewählt werden.
Nach der Ankündigung des Rücktritts ist der Kampf um Bouteflikas Nachfolge in eine neue Phase eingetreten. Gegen mehrere wichtige Geschäftsleute eröffnete die algerische Justiz Verfahren wegen Korruption und sprach Reiseverbote aus. Darunter ist mit Ali Haddad auch ein enger Vertrauter Bouteflikas. Dessen Vorgänger Liamine Zéroual bestätigte, der frühere Geheimdienstchef Mohamed Mediène sei am Wochenende mit dem auch von Saïd Bouteflika gebilligten Vorschlag auf ihn zukommen, er, Zéroual, solle eine Übergangsregierung anführen. Er habe aber abgelehnt.
Hits: 53