“Für die meisten Männer ist es problematisch, nicht selbst den wichtigsten Platz einzunehmen, weil das mit gesellschaftlichen Rollenvorstellungen bricht”, sagt Martina Lackner. Sie ist Mitherausgeberin des Buches “Männer an der Seite erfolgreicher Frauen”.
ZEIT ONLINE: Frau
Lackner, Ihr Buch handelt von Männern erfolgreicher Frauen.
Bekommen Männer nicht schon genug Aufmerksamkeit?
Martina Lackner: Natürlich
hätten wir über ihre Frauen schreiben können. Bücher über Karrierefrauen gibt
es aber schon Hunderte. Unser Thema ist ein anderes. Ja, in unserem Buch stehen
Männer im Mittelpunkt – allerdings sind es Männer, die in diesem Zusammenhang sonst
nie zu Wort kommen. Männer, die in Sachen Karriere in der zweiten Reihe stehen
– oder aber vollkommen gleichberechtigt neben ihrer Partnerin. Sie erzählen in
unserem Buch, warum sie die Jobentscheidungen ihrer Frauen mittragen.
ZEIT ONLINE: Warum
ist es wichtig, diese Männer sichtbar zu machen – und nicht die erfolgreichen
Frauen?
Lackner: Weil wir bei diesem Thema Vorbilder brauchen. Es
muss normaler werden, dass Männer die Karrieren ihrer Partnerinnen
unterstützen. Die Beziehung hat einen großen Einfluss auf die
Karriereentwicklung von Frauen. Nur wenn die Partner mitziehen, bekommen wir
mehr Frauen in Führungspositionen.
ZEIT ONLINE: Heißt
das, diese Männer sollen ihre eigenen Wünsche nun zurückstellen?
Lackner: Überhaupt nicht. Vielmehr geht es darum, dass
beide Partner wirklich gleichberechtigt nebeneinanderstehen. Dass
Karriereschritte grundsätzlich für beide möglich sind und jeder der beiden
Partner berufliche Entscheidungen mit dem anderen bespricht. Was bedeutet es
zum Beispiel für den gemeinsamen Alltag, wenn eine plötzlich viel mehr
arbeitet? Ist der andere dann bereit, in der Familie mehr Aufgaben zu übernehmen?
Wenn dabei ein Rollentausch stattfindet und die Frau mehr arbeitet und mehr
Geld verdient als der Mann, ist das genauso gut oder schlecht wie im
umgekehrten Fall. Es muss möglich werden, dass Paare frei entscheiden, wer
gerade mit der Karriere am Zug ist. Im Moment wird von Frauen immer noch erwartet, dass sie mehr Familienarbeit
übernehmen, und sie gelten schnell als Rabenmütter, wenn sie ihre Karriere
genauso ehrgeizig verfolgen wie ihre Partner.
ZEIT ONLINE: Ist es wirklich so selten, dass Männer die Karriere ihrer Frau genauso wichtig finden, wie ihre eigene?
Lackner: Zumindest verstecken Männer von Karrierefrauen sich
ziemlich gut. Wir haben bei unseren Recherchen festgestellt, dass es zu diesem
Thema kaum Forschungsliteratur und Medienberichte gibt. Während beispielsweise Michelle Obama öffentlich über ihre Rolle als Frau eines erfolgreichen Manns spricht,
halten sich Joachim Sauer und Prinz Philip bedeckt. Ich vermute: Für die
meisten Männer ist es problematisch, nicht selbst den wichtigsten Platz
einzunehmen, weil das mit gesellschaftlichen Rollenvorstellungen bricht. Für uns war es schwierig, Männer zu finden, die bereit waren,
über ihre Position an der Seite einer erfolgreichen Frau zu sprechen.
ZEIT ONLINE: Wie sind
Sie bei der Suche vorgegangen?
Lackner: Ich habe 100 Vorstandsfrauen,
Aufsichtsrätinnen, Managerinnen und andere hochkarätige Frauen im Internet recherchiert
und über sie ihre Männer für unser Buch angefragt. Das Ergebnis war
ernüchternd: Häufig kam gar keine Reaktion oder die Rückmeldung: “Mein Mann
möchte nicht.”
ZEIT ONLINE: Haben
Sie die Gründe erfahren?
Lackner: Einmal erhielt ich die Antwort, das Thema sei
“peinlich und zu intim”. Als ich das las, habe ich verstanden: Ich spreche hier
ein Tabuthema an. Das war mir vorher nicht bewusst. Doch je mehr Absagen ich
bekam, desto größer wurde mein Ehrgeiz. Am Ende ist es meinen beiden
Co-Herausgeberinnen und mir über unsere Netzwerke gelungen, genug Paare für das
Projekt zu gewinnen. Zusätzlich haben wir Einzelpersonen aus Wissenschaft und
Wirtschaft gebeten, das Thema zu kommentieren.
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