Es hätte der erste Tag der britischen Unabhängigkeit von der EU sein sollen. Doch nun ist auch am 30. März noch ungewiss, wie der Brexit ablaufen wird. Nachdem das von Premierministerin Theresa May ausgehandelte Austrittsabkommen im Parlament zum dritten Mal abgelehnt wurde, stehen wieder alle Optionen offen. Ob es nun ein zweites Referendum, einen harten Brexit oder eine Fristverlängerung braucht, wird auch in der britischen Presse kontrovers diskutiert.
Der Rücktritt von Theresa May sei nun die einzig richtige Entscheidung, schreibt die britische Tageszeitung The Telegraph. Denn wenn die Premierministerin so weitermache, habe das zwei Konsequenzen: Zum einen werde der Brexit immer weicher, zum anderen verliere die Bevölkerung das Vertrauen in die Partei, die Regierung und sogar in die Demokratie.
“Es ist vorbei, Premierministerin”, schreibt die Onlinezeitung The Independent. “Der Brexit-Deal ist tot. Bitte hören Sie auf, diesen leblosen Körper wiederzubeleben.” Wenn sich das Parlament nicht einigen könne, müsse Theresa May die Entscheidung über den EU-Austritt nun mit einem zweiten Referendum in die Hände der britischen Bevölkerung geben. “Das wäre zumindest ein ehrenvoller Weg, mit ihrem Schiff unterzugehen.”
Aus Sicht der Tageszeitung The Guardian gibt es jetzt eigentlich nur noch eine Alternative zum harten Brexit: eine einjährige Fristverlängerung. Diese Zeit brauche Großbritannien, um nach all dem Chaos und der Verwirrung die Kontrolle zurückzuerlangen. Das Land solle sich mit einer Sonderregelung aus den Europawahlen heraushalten und stattdessen die Zukunft des Landes vernünftig verhandeln. “Wenn es jetzt keine offene Debatte gibt, werden zukünftige Historiker feststellen, dass sich unser Land von unseren einst weltbekannten Traditionen des Pragmatismus und der Rationalität abgewandt hat.”
“Wann wird Entschlossenheit zum Wahn?”
“Wann wird Entschlossenheit zum Wahn?”, fragt der britische Nachrichtensender BBC – und antwortet klar mit “Noch nicht.” Denn noch immer sei das von Theresa May mit der EU ausgehandelte Austrittsabkommen die am wenigsten schlimme Option, schreibt der Sender in einem Kommentar. Ja, die dritte Niederlage sei eine peinliche Niederlage gewesen und mit May an der Spitze könne es vermutlich nie eine Einigung geben. “Die Kosten einer langen Verschiebung des Brexits sind aber zu groß, als dass das Parlament noch einen neuen Weg finden könnte.”
Aus Sicht der Boulevardzeitung The Sun sollten sich die Abgeordneten schämen, weil sie die Brexit-Befürworter – und damit die Mehrheit der Bevölkerung – betrogen hätten. Statt den größten demokratischen Auftrag der britischen Geschichte zu erfüllen, habe das Parlament das Land tiefer in ein schreckliches Chaos gestürzt. “Heute hätte unser erster Tag der Unabhängigkeit von der EU seit 1973 sein sollen. Stattdessen ist es nun wahrscheinlich, dass ein Brexit niemals stattfinden wird.” Deshalb bleibt laut der Sun nur eine vernünftige Option: allgemeine Neuwahlen.
Wie könnte es in Großbritannien nun weitergehen? Hier sind die wichtigsten Fragen und Antworten.
So geht es weiter mit dem Brexit
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