Theresa May ist zum dritten Mal mit ihrem Austrittsabkommen im Parlament gescheitert. Und jetzt? Das Unterhaus könnte am Montag versuchen, einen neuen Plan durchzusetzen.
Es war erneut eine deutliche Niederlage für Premierministerin Theresa May: Zum dritten und wohl letzten Mal hat das Londoner Unterhaus ihr Austrittsabkommen mit der Europäischen Union abgelehnt. 344 Abgeordnete stimmten gegen Mays Deal, 286 dafür. Damit dürfte dieser Vertrag im britischen Parlament endgültig gescheitert sein. Der Parlamentspräsident John Bercow wird eine erneute Abstimmung darüber kaum mehr zulassen, schließlich kam schon diese dritte Wahl nur über einen formalen Trick zustande.
Kommt jetzt ein ungeregelter Brexit?
Derzeit gilt, dass Großbritannien am
12. April mit einem No Deal aus der EU austritt. Um das zu verhindern,
muss vorher eine Lösung gefunden werden. Da nun das Parlament den Kompromiss von May nicht akzeptiert hat und bisher keine andere Lösung in Sicht ist, wird ein ungeregelter Austritt ohne Abkommen wieder wahrscheinlicher. Die britische Regierung kann mit der EU nur eine
Fristverlängerung bis zum 22. Mai vereinbaren, wenn sie eine Einigung im Parlament auf einen wie auch immer gearteten Austritt vorlegen kann. Darauf haben sich die verbliebenen 27 EU-Mitgliedstaaten geeinigt.
Möglich ist auch, dass Großbritannien noch deutlich länger in der EU bleibt. Die Regierung in London müsste das der EU bis zum 12. April mitteilen, weil Großbritannien dann an der Europawahl Ende Mai teilnehmen müsste. Die EU würde wohl zustimmen, da sie ebenfalls kein Interesse an einem harten Brexit hat.
Was kann das britische Parlament jetzt unternehmen?
Die Probeabstimmungen im Parlament vergangenen Mittwoch haben gezeigt, dass es zwar keine Mehrheit für die dort vorgestellten Lösungen gab, aber dass sich womöglich doch eine parteiübergreifende Mehrheit für eine Zollunion finden ließe. Nur knapp scheiterten die Anträge, die in diese Richtung wiesen. Das Parlament wird sie deshalb voraussichtlich am Montag erneut diskutieren und abstimmen. Wie schnell sich eine alternative Lösung mit den Verhandlungspartnern in Brüssel abstimmen ließe, ist bisher noch offen, doch berichten britische Medien, dass die Kommission zu solchen Gesprächen bereit wäre. Auch ist nicht klar, wie die Regierung darauf reagiert. Schließlich wäre die Entscheidung für einen Plan B im Parlament nicht rechtlich bindend für Premierministerin May.
Was passiert mit Theresa May?
Sollte das Parlament sich ohne Zustimmung der Regierung auf eine Zollunion einigen, dürfte das auf eine harte Konfrontation mit der Konservative Partei hinauslaufen, die mehrheitlich eine engere Anbindung an die Europäische Union ablehnt. Denkbar wäre, dass es infolge einer solchen Mehrheitsbildung aller anderen Parteien zu einem erneuten Misstrauensvotum gegen die Premierministerin kommt. Ausgang ungewiss.
Möglich ist auch, dass Theresa May selbst Neuwahlen ausruft, sollte das Parlament versuchen, sie in eine Richtung zu drängen. Das wäre ein Weg, die Blockade von Regierung und Parlament zu lösen. Unter anderem Labour-Chef Jeremy Corbyn forderte nach der gescheiterten Abstimmung bereits dazu auf.
Ohnehin hatte May ihren Rücktritt in Aussicht gestellt – allerdings nur, wenn ihr Deal an diesem Freitag angenommen worden wäre. Laut Medienberichten haben sich bereits zahlreiche mögliche Nachfolger ins Spiel gebracht, darunter der frühere Außenminister Boris Johnson und Vizepremier David Lidington.
Wie reagiert die EU auf die erneute Ablehnung?
Die verbleibenden Mitgliedsstaaten der Europäischen Union treffen sich am 10. April zu Beratungen. Das kündigte EU-Ratspräsident Donald Tusk an. Die EU-Kommission rechnet nach der erneuten Ablehnung des britischen Parlaments mit einem ungeregelten Austritt Großbritanniens am 12. April, wie ein Sprecher mitteilte. Man sei aber auf einen harten Brexit gut vorbereitet, hieß es.
Dennoch ist es gut möglich, dass die EU einem weiteren Aufschub zustimmt, sollte Großbritannien darum bitten. Allerdings würde die EU sehr wahrscheinlich nur einen Austrittstermin weit nach der Europawahl annehmen. Auch wenn sich das Parlament doch noch für eine engere Anbindung an Europa entscheidet, würde sich die EU dem wohl kaum verweigern.
Wie wahrscheinlich ist ein Rückzug vom Brexit?
Der Exit vom Brexit ist sehr unwahrscheinlich, da es dafür weiter keine Mehrheit im Parlament gibt. Auch einen Antrag für eine zweite Volksabstimmung, die einen Brexit ausschließen könnte, hatten die Abgeordneten bei den Probeabstimmungen am Mittwoch abgelehnt. 27 Stimmen fehlten für eine Mehrheit.
Wenn das Parlament am kommenden Montag allerdings erneut über Alternativen zu Theresa Mays Brexit-Plan debattiert, könnte ein zweites Referendum wieder eine Option werden. Zuletzt gingen Hunderttausende dafür auf die Straße. Knapp sechs Millionen Britinnen und Briten forderten zudem in einer Petition, den Brexit abzusagen. Nach Angaben der britischen Wahlkommission wären für ein zweites Brexit-Referendum vier bis sechs Monate Vorbereitungszeit notwendig.
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