Die irische Fluglinie Ryanair hat erstmals einen Tarifvertrag nach deutschem Recht abgeschlossen. Nach monatelangen Verhandlungen mit der Gewerkschaft ver.di sollen die 1.100 Flugbegleiterinnen und Flugbegleiter 600 Euro
mehr an Grundgehalt pro Monat erhalten. Der Abschluss sehe außerdem weitere Entgeltsteigerungen von bis zu 250 Euro monatlich vor, teilte
die Gewerkschaft mit. Außerdem bekämen die Flugbegleiter
eine jährliche Mindeststundengarantie von 600 Stunden.
“Es ist ein großer Erfolg, dass bei Ryanair erstmals deutsches
Arbeits- und Sozialrecht für alle in Deutschland Beschäftigten
angewendet wird”, sagte ver.di-Vorstandsmitglied Christine Behle. Mit
dem Tarifvertrag fallen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
auch unter das deutsche Kündigungsschutzgesetz, zugleich erhalten sie
künftig auch Lohnfortzahlungen im Krankheitsfall. “Mit diesem
Gesamtpaket konnten wir die extrem prekären Arbeitsbedingungen stoppen”,
so die Gewerkschafterin.
Der Abschluss sieht auch einen Sozialplan vor. Dieser sieht erstmals
in Europa Abfindungsregelungen vor, die im Fall von Stationsschließungen
oder Reduzierungen von Flugzeugen bei Versetzungen oder
Wiedereinstellungen greifen. Der Tarifvertrag hat eine Laufzeit
bis Ende März 2021 und gilt auch für die gut 700 Leiharbeitnehmerinnern
und Leiharbeitnehmer, die bei Ryanair im Einsatz sind.
Betriebsratsstrukturen weiter umstritten
Die noch laufenden Verhandlungen um Betriebsratsstrukturen
gestalteten sich nach Angaben der Gewerkschaft indes weiterhin
schwierig. Die Airline argumentiert, keinen Betrieb in Deutschland zu
haben, weil die Beschäftigten hierzulande vor allem fliegendes
Personal sind. Allerdings war im Dezember letzten Jahres eine
Gesetzesänderung beschlossen worden, wonach fliegendem Personal erstmals
gleiche Mitbestimmungsrechte garantiert werden und eine
Betriebsratsgarantie auch im Luftraum gilt.
Ryanair hatte sich 2017 unter dem Druck von Personalengpässen
bereit erklärt, erstmalig Tarifverträge abzuschließen. Die
Auseinandersetzung darum war von mehreren Streiks und Flugausfällen im
vergangenen Jahr begleitet, die viele Passagiere betrafen und auch
den Gewinn von Ryanair in Mitleidenschaft zogen.
Ryanair-Marketingchef Kenny Jacobs hatte zuletzt in einem Interview gesagt, er erwarte keine weiteren Streiks über das
laufende Jahr. Spätestens bis Ostern seien die Tarifverträge
für die Piloten in Deutschland mit der Vereinigung Cockpit und für die Flugbegleiter mit ver.di unterschrieben. In allen
anderen großen Märkten sei die Lage ähnlich.
Die irische Fluggesellschaft fliegt mehr als 200 Flughäfen in 37
Ländern in Europa und Nordafrika an. Das Unternehmen beschäftigt nach
eigenen Angaben mehr als 14.000 Menschen und steckt in einem
tiefgreifenden Wandel, seit sich Piloten und Flugbegleiter
zunehmend in Gewerkschaften organisiert und europaweit vernetzt haben.
In mehreren Ländern hat sich das Unternehmen inzwischen mit
Gewerkschaften geeinigt.
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