Jan van Schwamen empfängt im Gemeinschaftsbüro auf St. Pauli und entschuldigt sich: Gestern sei hier noch eine Feier gewesen, das Mobiliar aus Getränkekästen, Sofas und Klapptischen noch nicht aufgeräumt. Bürogenossen schlurfen zwischen Schreibtisch und Espressomaschine hin und her, die elektrische Kaffeemühle dröhnt. Community Cola ist ein Einmannbetrieb. Die Räume in der Rindermarkthalle auf St. Pauli, Vertriebsstruktur und Arbeitsalltag teilt sich der Start-up-Unternehmer aber mit seinem früheren Arbeitgeber Lemonaid.
Er sei ein Mensch mit “Limo- und Eisteehintergrund”, sagt van Schwamen. Die Community Cola ist seine eigene Erfindung, selbst gemischt und seit September auf dem Markt. Lieber hätte er im Traumsommer 2018 gestartet, aber wie es so läuft – am Ende kommt immer etwas dazwischen. Nun ist das Ding raus, die Gastronomen haben die Glühweinkessel wieder eingepackt und planen das Sortiment für wärmere Tage. Jan van Schwamen will mit auf die Bestelllisten. “Es gibt da draußen schon auch Rufe nach etwas Neuem”, sagt er. Nur: Warum ausgerechnet Cola?
Cola mit Chili, Lakritz oder Kaffee
In einer Zeit, in der gesunde Ernährung zum Heilsversprechen avanciert, hat der süße Koffeinsoftdrink ein Imageproblem. Als kühler Wachmacher hat er sein Alleinstellungsmerkmal längst an Energydrinks und Mate verloren, Guarana rückt als natürliche Energiequelle nach. Auch wenn synthetisches Koffein aus globaler Massenproduktion weiterhin den Markt beherrscht – die trendbewusste, nachhaltig konsumierende Kundschaft findet mehr Geschmack am Hausgemachten. Wenn sie denn überhaupt Cola trinkt.
Seit Jahren sinkt der Konsum von Cola und Cola-Mixgetränken in Deutschland. Der Markt schrumpft, dafür mischen jetzt auch Independentfirmen mit, die ihre Unabhängigkeit von Großkonzernen geschickt vermarkten und ständig neue Produkte in die Regale bringen: Cola mit Chili, Cola mit Lakritz, Cola mit Kaffee. Es gibt Ali Cola in allen Hautfarben der Menschheit, ein politisches Statement im Sechserträger. Neben Mate-Cola und Bio-Cola mit Guarana umwirbt ausgerechnet Red Bull die naturliebende Kundschaft mit Kräutern und Gewürzen – und schaffte es sogar zwischenzeitlich auf Verbotslisten, weil die in der Cola enthaltenen Kokablätter winzige Mengen Kokain freisetzten.
Es geht ums Gefühl
Auch Jan van Schwamen will zurück zu den Ursprüngen, allerdings ohne den Einsatz von Kokablättern oder Kolanuss. “Wenn ich an Cola-Geschmack denke, dann sind das die alten klassischen Marken und Getränke”, sagt er. Für ihn als 30-Jährigen heißt das: Coca-Cola oder Pepsi. “Das ist der Geschmack, mit dem ich aufgewachsen bin.” Das Original zu imitieren, sei nicht das Ziel, erklärt Jan van Schwamen. Es gehe ihm eher um ein Gefühl: erfrischend und trotzdem vanillig warm. Süß, aber auch spritzig. Wie die Erinnerung an warme Sommertage in der Kindheit. “Für mich war Cola immer etwas Besonderes. Das gab es nie zu Hause, höchstens mal zum Geburtstag”, erzählt er. “Das bleibt schon irgendwie hängen.”
Um dem Geschmack von früher möglichst nahezukommen, veranstaltete er zunächst Blindverkostungen im Freundeskreis. Etwa 40 bis 50 Leute sollten testen, welche Cola mit dem Klassiker mithalten könnte. “Die Ergebnisse waren so positiv, dass ich dachte: Vielleicht trauen die sich nicht, mir etwas Kritisches zu sagen”, erzählt Jan van Schwamen. Also weitete er sein Testfeld aus, stellte sich in die Rindermarkthalle und ließ Passanten kosten. Dasselbe Ergebnis: Seine Community Cola war reif für den Markt.
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