Ist es nun ein Fall oder nicht? Die Frage stellt sich, seitdem Teile der Öffentlichkeit empört darüber sind, dass Thorsten Schäfer-Gümbel zum 1. Oktober dieses Jahres – an seinem 50. Geburtstag – Vorstandsmitglied und Personalchef der GIZ wird. GIZ steht für „Die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH“, eine staatliche Organisation. Mit ihren 20.000 Mitarbeitern managt sie die Entwicklungshilfe weltweit.
Die Empörung entzündet sich am Geld und daran, dass es ein „Versorgungsposten“ sei. Der neue Posten für Schäfer-Gümbel, kurz TSG genannt, ist mit 200.000 Euro jährlich vergütet, das sind 50.000 mehr als jetzt, da er noch SPD-Fraktionschef im hessischen Landtag ist. Darüber hinaus vereint TSG auf sich noch den Landesvorsitz und den Vizechef der SPD im Bund. Alle Ämter gibt er für die GIZ auf.
Schäfer-Gümbel ist dreimal als Spitzenkandidat in Hessen zur Wahl angetreten, 2018 verlor er mit dem schlechtesten Ergebnis in der Geschichte der Landespartei. Den Posten bei der GIZ in Eschborn bei Frankfurt verschaffte ihm das SPD-Führungsduo Andrea Nahles und Olaf Scholz, es heißt: aus Dankbarkeit für die nun mögliche „Neuaufstellung“ ohne ihn, von der TSG selbst sprach. Und dafür, dass er das Duo nicht kritisierte. Die Maaßen-Affäre, in der Parteichefin Nahles sehr unglücklich agierte, kostete TSG bei der Wahl mindestens die zwei Prozent, die den Platz in einer großen Koalition in Wiesbaden hätten bedeuten können.
In der Politik werden Ämter nur auf Zeit vergeben
Der SPD steht laut Berliner Groko-Vertrag die Besetzung des Postens zu. Hat TSG dafür, außer dem Parteibuch, die nötige Qualifikation? Er kann für sich in Anspruch nehmen, fünf Jahre entwicklungspolitischer Sprecher im Landtag gewesen zu sein. Personalfragen sollte er als Politiker beherrschen. Und geleitet wird die GIZ übrigens von Tanja Gönner, einer Christdemokratin, die als Merkel-nahe mindestens galt und früher Umwelt- und Verkehrsministerin in Baden-Württemberg war. Auch bei ihr war 2012 von einem Versorgungsposten die Rede, inzwischen nicht mehr.
Allerdings weckt die neue Besetzung wieder grundsätzlich den Vorbehalt dagegen, Parteipolitiker nach ihrer Karriere so aufzufangen. Richtig: In der Politik werden Ämter nur auf Zeit vergeben. Da ist die Möglichkeit von Niederlagen quasi eingepreist. Und Wohlverhalten nach der Niederlage ist noch kein Verdienst. Andererseits wird es für Politiker zunehmend schwierig, in die Wirtschaft zu wechseln. Hier lautet der Vorbehalt, dass sie unbillig Insiderwissen nutzen könnten.
Nun müssen sie jedoch zumeist anschließend noch Geld verdienen. Einen einfachen Ausweg gibt es darum nicht. Da bleibt nichts: Jede Debatte muss am Einzelfall geführt werden. Gerne aber über einen Mindeststandard an Eignung.
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