Nun ist auch noch Jürgen Klinsmann auf Distanz zu Joachim Löw. Er könne nur hoffen, dass die Absage an die drei Spieler nicht endgültig sei, sagte der ehemalige Bundestrainer über Löws Rauswurf der Weltmeister Thomas Müller, Jérôme Boateng und Mats Hummels. “Was machst du denn, wenn Müller Torschützenkönig wird?” Klinsmann sagte auch, als CEO müsse man Ergebnisse liefern – oder gehen.
Vor fünfzehn Jahren machten sich Klinsmann und Löw gemeinsam auf den Weg, um den deutschen Fußball zu erneuern. Sie sind unterschiedliche Typen, sie arbeiten unterschiedlich. Doch so deutlich hat Klinsmann, der ab heute als Experte von RTL die Entwicklungen der Nationalmannschaft im Fernsehen kommentieren wird, Löw öffentlich noch nie kritisiert.
Joachim Löw galt mal als Deutschlands Vorzeigetrainer, der im Ruf stand, jederzeit Real Madrid oder Manchester United übernehmen zu können. Und er ist eigentlich eher einer, der die Harmonie sucht. Beides ist in diesem Fußballjahr, das für die deutsche Elf mit dem heutigen Testspiel gegen Serbien in Wolfsburg beginnt, anders. Nach dem historischen WM-Aus und dem Abstieg in der Nations League hat der Bundestrainer so wenig Halt wie lange nicht mehr. Zudem hat er sich in letzter Zeit, mehr oder weniger freiwillig, mit vielen angelegt, sogar mit ehemaligen Verbündeten.
Jogi gegen alle. Nicht nur die drei Aussortierten selbst haben sich beschwert. Auch Jürgen Klopp, Dieter Hecking, Lothar Matthäus, Niko Kovač haben Löw öffentlich gerügt, vielleicht wird sich Uli Hoeneß noch entsprechend äußern. Löws Spieler Joshua Kimmich und Leon Goretzka ergriffen für ihre Mitspieler Partei.
Sie alle fragten: Wieso jetzt, wo er sich doch noch kürzlich für die Weltmeister von 2014 ausgesprochen hatte? Weshalb nicht direkt nach der WM, dann hätte er keine weitere Zeit verloren, oder wenigstens in der Winterpause, dann hätten die Spieler Klarheit gehabt? Weswegen auf diese Art, in fünfminütigen Gesprächen und umrahmt von einer Pressemitteilung, in der die Spieler nicht zu Wort kamen? Und warum für immer?
Der DFB bietet eine Soap
Es gibt auch Leute aus der Szene, die Löw lange gegen Kritiker verteidigten, die seine Arbeitsweise mittlerweile aber als fahrlässig erachten. Die auch nicht denken, dass der Streit mit den Spielern inzwischen völlig ausgeräumt ist, wie Löw vorigen Freitag in Frankfurt der Presse erklärte. Und die eine seiner Aussagen bezeichnend finden, die er dort tätigte: “Für mich war es so gut. Das war mir das Allerallerwichtigste.” Lebt da einer auf seinem eigenen Planeten oder ist das nur schludrig ausgedrückt?
Und da ist noch der öffentliche und beinahe offen ausgetragene Konflikt mit dem DFB-Präsidenten Reinhard Grindel. Am Freitag überraschte Löw mit einem Fingerzeig: Müller, der dem DFB mangelnde Wertschätzung und schlechten Stil vorgeworfen hatte, habe gar nicht ihn, Löw, gemeint, sondern Grindel und seine Pressemitteilung, die er kurz nach den Gesprächen versendete.
Auffällig kühl hob Löw zudem seine Richtlinienkompetenz gegenüber dem
Präsidenten hervor, als würde die infrage stehen. Er treffe seine
Entscheidungen “autark”. Darüber hinaus gab er zu verstehen, dass er
Grindel für ein mögliches Leck halte, warum er “manche Leute” nicht
früher eingeweiht habe. Grindel reagierte, wie nicht anders zu erwarten.
Einen Tag darauf sagte er, er halte es für einen Fehler, mit der
Pressekonferenz so lange gewartet zu haben. Das musste man an Kritik an
Löw verstehen, auch wenn der Präsident wiederum einen Tag später das
nicht so gemeint haben wollte. In Zeiten des Misserfolgs bietet der DFB
eine Soap.
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