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Moia: “Gekommen, um zu bleiben”

Nach 20.000 Testkilometern
ist Moia so weit: Vom 15. April an bietet das Unternehmen aus dem VW-Konzern
auch in Hamburg seinen Fahrservice an – mit 100 elektrisch
betriebenen Kleinbussen, zu verorten zwischen
Öffentlichem Personennahverkehr und Taxibetrieb. 400 Fahrer werden dann im
Schichtbetrieb bis zu sechs Fahrgäste in einem Fahrzeug befördern, die einen
ähnlichen Weg haben.

Zur Verkündung des
Starttermins hatte der Ridesharing-Anbieter auf seinen ersten Hamburger
Betriebshof im Stadtteil Groß Borstel eingeladen. Sauber goldglänzend reihten
sich die Sammeltaxis in der Halle aneinander, als warteten sie nur darauf,
endlich an den Start gehen zu können.

Ähnlich ging es den
Moia-Managern. “Für uns wird das ein großer Tag”, sagte Ole Harms, “immerhin
haben wir zwei Jahre darauf hingearbeitet. VW habe einen “ein signifikanter
dreistelliger Millionenbetrag” investiert. Binnen eines Jahres
Europas will das Unternehmen größter vollelektrischer Ridesharing-Dienst
werden und bis Ende dieses Jahres zu Hamburgs 100 größten Arbeitgebern zu
gehören.

Der Plan: Bis Frühjahr 2020 soll die Fahrzeugflotte in Hamburg auf 500
Kleinbusse und die Zahl der Fahrer auf 1500 anwachsen sowie parallel dazu das
Verbreitungsgebiet in Hamburg von 200 Quadratkilometer nördlich der Elbe auf
300 Quadratkilometer ausgeweitet werden. Für Ende 2019 bereits rechnet Moia
damit, am Standort Hamburg insgesamt 1000 Mitarbeiter zu beschäftigen.

Derzeit sind es dem Unternehmen zufolge 600, darunter rund 150 IT-Entwickler,
verantwortlich unter anderem für die Algorithmen der App. Im Mai will Moia den
zweiten Betriebshof fertiggestellt haben, der sich aktuell an der Horner
Landstraße im Aufbau befindet. Dort sollen zunächst Kapazitäten für 50
Fahrzeuge entstehen, inklusive Ladeinfrastruktur. Weitere Betriebshöfe seien in
Planung, hieß es.

Mehr als 10.000 virtuelle Haltepunkte

Für Moia ist Hamburg “ein globales Leuchtturmprojekt”. Schließlich sei es die
erste Millionenstadt, in der das Unternehmen starte, sagte Harms. Bisher bietet
Moia den Ridesharing-Service in Hannover an, dort allerdings noch mit
benzinbetriebenen Fahrzeugen.

Das Angebot ist per App
buchbar, eine Fahrt soll laut Unternehmen im Schnitt sechs bis sieben Euro
kosten. Das Angebot gibt es von Montag bis Mittwoch  zwischen 5 Uhr morgens und 1 Uhr nachts, von
Donnerstag bis Samstag rund um die Uhr. Sonntags zwischen 6 und 10 Uhr ist  Betriebspause. Das Zu- und Aussteigen soll an
mehr als 10.000 virtuellen Haltepunkten erfolgen, nie mehr als 150 Meter
entfernt vom Start beziehungsweise Ziel.

Die rund sechs Meter langen Fahrzeuge verfügen über
WLAN, Leseleuchten, Kindersitze und Stauraum neben dem Fahrersitz, zum Beispiel
für Rollstühle. Barrierefrei sind die Gefährte allerdings nicht – eine Rampe zu
verbauen, das ließ die große Elektrobatterie nicht zu, wie ein Entwickler
erklärte. Auch einen sogenannten “Loveseat”, zwei Sitze nebeneinander ohne
Armlehne, gibt es in dem vorrangig in Beige und Braun gehaltenen Innenraum.

Zwar sei die Genehmigung der Stadt für den Fahrservice vorerst auf vier
Jahre befristet, wie Moia-Manager Robert Henrich mitteilte, aber man hoffe auf
die Novellierung des Personenförderungsgesetzes “noch in dieser Legislatur.”

Die Taxibranche teilt diese Hoffnung eher nicht, befürchtet sie doch
Umsatzeinbußen nach der Moia-Einführung. “Das Taxi wird das exklusive
Von-Tür-zu-Tür-Produkt bleiben”, beschwichtigte Henrich. Man rede miteinander,
ebenso wie mit der Hochbahn, mit der es gar einen “Schulterschluss” gebe, da
der Öffentliche Nahverkehr an seiner Kpazitätsgrenze angelangt sei.

Nachhaltig, aber bitte wirtschaftlich

“Wir sind überzeugt davon, dass wir uns perfekt ergänzen”, fügte Harms
hinzu. Auch deshalb möchte Moia bis Ende 2019 Teil der Switchh-App der Hochbahn
werden, in der verschiedene Angebote wie U- und S-Bahnen, Leihfahrräder,
Mietwagen und Car-Sharing zusammengefasst sind.

Emissionsfreiheit der Fahrzeuge, Verwendung von Ökostrom, faire
Arbeitsbedingungen für die unbefristet festangestellten Fahrer – all dies
unterstrichen die Moia-Macher, allerdings: “Wir sind keine NGO. Unser Ziel ist
Nachhaltigkeit, aber mit einem guten Geschäftsmodell”, räumte Harms ein, denn:
“Wir sind gekommen, um zu bleiben.”

Dies ist ein Artikel aus dem Hamburg-Ressort der ZEIT. Hier finden Sie weitere News aus und über Hamburg.

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