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Felix Sater: “Wer mich fickt, den ficke ich”

Das Haus, das alle Wolkenkratzer überragt, steht zwischen prächtigen
Hochhäusern in Moskau City, einem Geschäftsviertel, wo sich ein Superlativ an den nächsten
schmiegt. Dazwischen jener gläserne Obelisk mit einer diamantförmigen Spitze. Darauf in
gigantischen Lettern: der Name “Trump”. Darin: etwa 250 luxuriöse Eigentumswohnungen,
Luxusbüros, ein Hotel mit mehr als 150 Luxuszimmern, das sich über 15 Stockwerke erstreckt,
und ein Ivanka-Trump-Spa mit, natürlich, viel Luxus. Und schließlich ein
50-Millionen-Dollar-Geschenk von Donald Trump an den russischen Präsidenten Wladimir Putin:
ein Penthouse. Von dort oben blickt der dann über die Hauptstadt des russischen Reichs. Oder
besser – hätte blicken können.

Der Mann, der dieses Projekt ausgeheckt hat, betritt sein Lieblingsrestaurant in New York. Jeans, Rolex und teures Sakko. Rasch nimmt er noch einen Anruf auf Russisch entgegen, dann bestellt er eine Flasche Sauvignon für 126 Dollar. Felix Sater, 52, hat mit Donald Trump jahrelang Geschäfte gemacht. Und wäre alles nach Plan verlaufen, stünde jener Trump Tower heute wie beschrieben am Ufer der Moskwa. Die mächtigsten Oligarchen Russlands besäßen Wohnungen darin, schon um Putins Nähe zu atmen – so hatte Sater sich das vorgestellt. Ein gigantisches Geschäft. Aber dann wurde Donald Trump dummerweise Präsident. “Wer zum Teufel hätte das ahnen können?”, sagt Felix Sater. Nicht einmal Trump selbst glaubte daran. Den Trump Tower gibt es also nicht. Der Plan liegt offiziell auf Eis. Politik und Geschäftsinteressen sollen bekanntlich nicht durcheinandergeraten. Auch weil sich ein Präsident erpressbar machen könnte. Und weil Donald Trump bereits als Kandidat im Verdacht stand, vor allem eigene Interessen im Auge zu haben, versicherte er im Wahlkampf beharrlich, er habe keinerlei Business-Pläne in Russland. Eigentlich könnte die Geschichte damit zu Ende sein. Doch dann kamen E-Mails von Felix Sater ans Licht, aus denen hervorgeht, dass Trump, im Widerspruch zu seinen öffentlichen Beteuerungen, das Russlandprojekt bis knapp vor der Präsidentschaftswahl 2017 sehr wohl betrieben hat. Trump hat also gelogen.

Auch sein ehemaliger Anwalt Michael Cohen hat gelogen, als er vor dem Kongress unter Eid bekundete, die Arbeit am Moskauer Trump-Projekt sei deutlich früher eingestellt worden. Ebenso Trumps Sohn Donald junior und sein derzeitiger Anwalt Rudy Giuliani – sie alle haben die Unwahrheit gesagt. Aber warum? Wer lügt, noch dazu unter Eid, hat etwas zu verbergen. Deshalb wurden die Pläne für den Moskau-Tower eine interessante Spur, welcher der Sonderermittler Robert Mueller in seiner Untersuchung nachging und die darüber Aufschluss geben soll, ob es eine Einflussnahme von Russen auf die Präsidentschaftswahl gab. Schon in den nächsten Tagen, heißt es, werde er dem Justizminister seinen Bericht vorlegen.

Felix Sater arbeitete jahrelang mit Trump, und die Art der Zusammenarbeit der beiden illustriert Trumps Geschäftsgebaren. Erkenntnisse über geheime Absprachen zwischen Donald Trump und Wladimir Putin gewinnt der Beobachter nicht. Aber er ahnt, dass dem Politiker Trump etwas Unerwartetes aus dem Bericht des Sonderermittlers Mueller gefährlich werden könnte: seine Geschäfte mit allerhand Geld aus fragwürdigen Quellen.

Als Felix Sater noch zögerte, ob er einem Treffen mit der
ZEIT
zustimmen soll, fragte er, wie man ihn wohl zu porträtieren gedenke: als Mafioso oder als amerikanischen Spion, der half, Osama bin Laden zu fangen? Beides trifft zu, was selbst in Trumps Orbit außergewöhnlich ist. Und es spielt möglicherweise für den Mueller-Bericht eine Rolle. “Ich bin ein Verbrecher und ein Held”, sagt Sater über sich selbst. Es klingt, als sei er noch unentschlossen, auf welche Seite er gehört.

Sater ist ein charmanter Mann, ein begabter Selbstdarsteller, der die Übertreibung liebt. Als es um Wladimir Putin geht, ergreift er sein Handy, durchwühlt die Kontakte und hält seinem Gegenüber Putins Erreichbarkeit unter die Nase. Drei Namen, drei Nummern: “Ich weiß, wie ich an ihn herankomme.”

Als er 2002 auf Trump trifft, steckt der in der Klemme. Amerikanische Banken geben ihm keinen Cent mehr. Denn Trump ist gerade mit Kasinos bankrottgegangen. Sater hat da weniger Bedenken. Er lebt in Sands Point, jener schwerreichen Enklave am Long Island Sound, die F. Scott Fitzgerald zu seinem Roman
Der große Gatsby
inspiriert haben soll. Mit seinem Nachbarn, einem Kasachen, betreibt Sater die Investmentfirma Bayrock. Die Büros liegen im Trump Tower, Manhattan. Saters Verbindungen zu vermögenden Oligarchen aus ehemaligen Sowjetstaaten sind eins a. Er besorgt Geld für Immobilien, Trump gibt seinen Namen her. Wer Sater ist und woher der Geldsegen rührt, scheint ihn nicht zu interessieren.

Sater wurde in Moskau geboren, seine Familie emigrierte in die USA, in Brooklyn wuchs er im Kreise der russischen und italienischen Mafia auf, auch sein Vater arbeitete für sie. Sater brach sein Studium ab, verdiente viel Geld an der Wall Street, bis er seine Lizenz verlor, weil er wegen einer Schlägerei 15 Monate Gefängnis bekam. Danach beging er mit mehreren Mafia-Familien Aktienbetrügereien: Man ergaunerte 40 Millionen Dollar von älteren Anlegern. Sein Job sei es gewesen, das Geld über diverse Briefkastenfirmen in Steueroasen zu waschen, bekennt Sater freimütig. Im Jahr 2000 werden fast alle Beteiligten zu hohen Haftstrafen verurteilt – bloß Sater kommt mit einer Geldstrafe davon. Er hatte die Zeichen der Zeit erkannt und als Kronzeuge gegen seine mafiösen Geschäftspartner ausgesagt.

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