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Wirecard: Staatsanwaltschaft geht Hinweisen auf Erpressung nach

Der Zahlungsdienstleister Wirecard sollte mit negativer Berichterstattung erpresst werden. Das teilte die Münchner Staatsanwaltschaft mit. “Wir haben am Freitag vor einer Woche um 7.30 Uhr ernstzunehmende Informationen von Wirecard erhalten, dass eine neue Shortattacke geplant ist und dass mit viel Geld versucht wird, Medienberichterstattung zu beeinflussen”, sagte die Staatsanwältin Hildegard Bäumler-Hösl dem Handelsblatt.

Nach Informationen der Zeitung versuchte ein Mittelsmann, Journalisten in Großbritannien mit Millionensummen zu bestechen. Gleichzeitig habe er Wirecard gegen Zahlung einer ähnlichen Summe angeboten, die Berichterstattung zu verhindern. Dieser Verdacht sei nun auch Teil der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft München I rund um Marktmanipulationen, hieß es. Wirecard selbst wollte die Informationen nicht kommentieren.

Das Unternehmen mit Sitz im bayerischen Aschheim war in den vergangenen Monaten Ziel aggressiver Aktienspekulationen. Der Kurs der Aktie fiel immer wieder enorm stark, nach Informationen der Finanzaufsicht Bafin waren dafür – wie bereits 2008 und 2016 – sogenannte Short-Seller verantwortlich. Diese Leerverkäufer wollen Geld mit fallenden Kursen
verdienen. Dazu leihen sie sich Anteilsscheine gegen Gebühr und
verkaufen diese am Markt. Sinkt dann der Aktienkurs, können sie die
Aktienpakete wieder günstiger zurückkaufen und dem eigentlichen
Eigentümer zu einem festgelegten Zeitpunkt wieder zurückgeben. Je mehr
der Kurs fällt, desto größer ist der Gewinn, den die Leerverkäufer beim
Spekulieren machen.

Derzeit ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen Marktmanipulationen gegen einen Journalisten der Londoner Financial Times, die seit Ende Januar wiederholt über angebliche
Bilanzierungsverstöße sowie Geldwäsche in einer Wirecard-Niederlassung
in Singapur berichtet hatte. Der Mitarbeiter der Zeitung soll kurz vor Veröffentlichung einen Leerverkäufer vorab darüber informiert
haben. Sollte dies zutreffen, wäre die Weitergabe dieser
Information möglicherweise ein Verstoß gegen das
Wertpapierhandelsgesetz. Tatsächlich war die Aktie des Unternehmens nach
Veröffentlichung der Recherchen eingebrochen.

Wirecard wies die Vorwürfe gegen sich als verleumderisch zurück und schaltete die Bafin ein. Diese hatte in der vergangenen Woche Spekulationen auf fallende Wirecard-Kurse für zwei Monate verboten – auch auf Grundlage der Hinweise auf eine mögliche Erpressung. “Wir hatten diese Informationen von der Staatsanwaltschaft”, sagte eine Bafin-Sprecherin dem Handelsblatt. “Sie waren ein Baustein für das Verbot.”

Derzeit notiert die Wirecard-Aktie noch immer etwa ein Drittel unter ihrem Wert vor der Berichterstattung. Dabei profitiert das 1999 gegründete Unternehmen wie nur wenige andere von der weltweiten
Verlagerung der Zahlungsströme ins Internet. Kern seines Geschäfts ist die Abwicklung Onlinezahlungen zwischen Verbrauchern, Händlern und Banken. Wirecard hat Kunden in
aller Welt. 

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