4,2
Millionen erwerbsfähige Deutsche bekommen Arbeitslosengeld
II – besser
bekannt als Hartz IV.
Seit
einigen Wochen diskutieren Parteien
der Bundesregierung
darüber,
wie diese
Grundsicherung neu
gestaltet
werden soll. Die
SPD – unter
deren Regierung Hartz-IV vor
14 Jahren eingeführt
wurde – stimmte
Anfang
Februar bei
einer Klausurtagung dafür, Hartz IV durch ein Bürgergeld zu
ersetzen. Der
Arbeitsmarktexperte der CDU
legte
daraufhin einen Fünfpunkteplan zur Reform
der Grundsicherung vor.
Jürgen
Weber bezog
Hartz IV von dessen Einführung an bis zum
Oktober letzten Jahres. Der heute 59-Jährige verlor 2001 wegen einer
Krankheit seinen Job als Müllmann, bezog Arbeitslosengeld, später
Sozialhilfe und seit 2005 Hartz IV. Hier erzählt er, wie
die
Jahre mit der Grundsicherung sein Leben verändert haben.
Ich
habe über 1.000 Bewerbungen geschrieben, bis ich eine Vollzeitstelle
im Wachschutz gefunden habe – nach 18 Jahren Arbeitslosigkeit. Seit
Oktober letzten Jahres bewache ich nun Museen und Schlösser in
Potsdam, schließe Türen auf und wieder zu. Um von Standort zu
Standort zu kommen, lege ich jede Nacht um die 13 Kilometer zu Fuß
zurück.
Es
gibt immer noch das Vorurteil, alle Hartz-IV-Empfänger seien faul
und wollten gar nicht arbeiten. Klar gibt es Ausnahmen, aber meiner
Erfahrung nach gilt das für den Großteil der Menschen nicht. Ich
selbst hätte liebend gern früher einen Job gefunden, denn mit
Hartz IV hatte ich kein gutes Leben. Bei mir sind während der Arbeitslosigkeit viele Freundschaften kaputtgegangen, ich konnte mir keine Hobbys leisten und auch nicht in meine
Altersvorsorge investieren.
“Ich war ein halbes Jahr krankgeschrieben und wurde danach einfach gefeuert.”
Mein
Arbeitsleben war bisher vom Pech gezeichnet. Ich habe eine Lehre als
Facharbeiter für Bautischlerei gemacht, konnte meinen Beruf aber
wegen eines Knalltraumas nicht ausführen. Laute Werkstätten würden
mein Hörvermögen weiter verschlechtern. Danach war ich Müllmann,
konnte den Beruf aber wegen einer Entzündung im Schultergelenk nicht
weitermachen. Daraufhin war ich ein halbes Jahr krankgeschrieben und
wurde danach einfach gefeuert. Bis heute kann ich meine Arme nicht
mehr richtig über den Kopf strecken.
2001
habe ich zum ersten Mal Arbeitslosengeld bekommen. 2005 wurde
die Arbeitslosenhilfe durch Hartz IV ersetzt. Bis zum letzten Jahr lebte
ich von dieser Leistung. Das heißt aber nicht, dass ich gar nicht
gearbeitet hätte. Ich habe mehrere Ein-Euro-Jobs gemacht, um ein
bisschen Geld dazuzuverdienen. Ich habe zum Beispiel einen
Hausmeister in einer Schule unterstützt oder Flyer auf der Straße
verteilt. Um meinen Regelsatz aufzubessern, habe ich eigentlich fast alle Jobs angenommen, die das
Jobcenter mir zuteilte.
Denn
der Hartz-IV-Regelsatz – bei mir waren das zuletzt 416 Euro –
reichte kaum zum Überleben aus. Das Jobcenter zahlte zwar meine
Krankenversicherung und die Miete für meine Zweizimmerwohnung. Das
heißt aber noch lange nicht, dass ich mir mit dem restlichen Betrag
eine schöne Zeit machen konnte. Denn nach Abzug meiner Fixkosten
blieben mir kaum 200 Euro fürs Essen und Leben übrig. Allein für
Strom, Festnetz, Internet und Handy musste ich fast 90 Euro zahlen.
Der größte Kostenfaktor war mein Auto. Die Versicherungen und der
Sprit kosteten mich im Monat durchschnittlich etwa 115 Euro. Dazu kommen
dann noch notwendige Reparaturen, Steuern und alle zwei Jahre der
TÜV.
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