Yvonne Magwas ist im achten Monat schwanger, langsam wird es mühsam. Das hindert die 39-jährige Vorsitzende der Gruppe der Frauen in der Unions-Bundestagsfraktion nicht daran, einen kleinen frauenpolitischen Aufstand anzuzetteln. So hat sie für den heutigen Mittwoch die Kasseler Juristin Silke Laskowski ins Reichstagsgebäude geladen – das Mastermind diverser Gesetzesinitiativen für die paritätische Beteiligung von Frauen im Wahlrecht und bei der Listenaufstellung der Parteien.
Laskowski soll dort den Gegenpart bilden zum Justiziar der Fraktion. Dabei soll sich klären, ob die verfassungsrechtlichen Bedenken, die die Gegner der Parité anführen – Einschränkung der Wahlfreiheit, Knebelung der Parteien –, Totschlagargumente sind oder nicht. Vielen Unionsmännern graut vor all dem – besonders im Hinblick auf die Direktwahl von Abgeordneten. Denn ein Großteil der Unions-Parlamentarier kommt nicht über Listen in den Bundestag, sondern hält Direktmandate.
Vergangene Woche hat Magwas gemeinsam mit der Grünen-Frauenpolitikerin Ulle Schauws etwas arrangiert, was den Fraktionschefs der Volksparteien immer ein bisschen unheimlich ist: ein überparteiliches Frauentreffen. Alle waren da, bis auf die Frauen der AfD.
Die Unions-Fraktionsspitze erinnert sich nur zu gut an den Aufruhr, den 2011 die Berliner Erklärung nach sich zog – in der sich ein überparteiliches Frauenbündnis für eine Quote von 30 Prozent in den Aufsichtsräten aussprach. Zum Missfallen der Führung standen dort die Namen von CDU-Frauen wie Ursula von der Leyen friedlich neben denen von Linke-Politikerinnen wie Gesine Lötzsch.
Das Frauenthema ist wieder da. Und Yvonne Magwas sieht sich an vorderster Front: Fast genau ein Jahr ist es her, dass sie zum Internationalen Frauentag in einer Lederjacke ans Rednerpult des Bundestags trat und mit kühnem Grinsen ausrief: “Der reine Männerstaat ist das Verderben der Völker” – ein Zitat der katholischen Frauenrechtlerin Helene Weber. Zuvor hatte Magwas der AfD vorgehalten, dass sie ihren Feminismus immer nur entdecke, wenn es um muslimische Männer geht. Die AfD, sonst nicht um giftige Zwischenrufe und andere Pöbeleien verlegen, blieb während Magwas’ gesamter Rede mucksmäuschenstill.
Sächsisch, die Sprachmelodie des Volkes
Der Grund mag ihr unüberhörbarer sächsischer Akzent sein – für die AfD die Sprachmelodie des Volkes. Magwas wuchs im Vogtland auf. Aus der Schulzeit erinnert sie, dass man sie als Linkshänderin auf Rechts umerziehen wollte. Zur Wende war sie zehn Jahre alt, hatte die friedliche Revolution an der Seite des Vaters auf Demonstrationen miterlebt. Ihre Eltern arbeiteten beide als Textilingenieure, obwohl die Mutter lieber Lehrerin geworden wäre – als Katholikin mit Westverwandtschaft aber war das in der DDR nahezu unmöglich.
In keiner Partei unterschied sich die Frauenpolitik in Ost und West so drastisch wie in der CDU. Die West-CDU setzte auf Differenz, die im Osten auf Gleichheit. Hüben die Frau als Mutter, drüben die Frau als Arbeiterin an der Seite des Mannes. In der Adenauer-CDU war Frauenpolitik lange Familienpolitik, in der Ost-CDU vor allem Arbeitsmarktpolitik. Nach der Wiedervereinigung staunten die Ostdeutschen CDU-Politikerinnen über die Heftigkeit frauenpolitischer Auseinandersetzungen im Westen, über die Ideen von Frauennetzwerken oder über die Vorstellung, ein Kleinkind leide, wenn die Mutter berufstätig ist. Mit voller Heftigkeit prallten die unterschiedlichen Frauenbilder in der Auseinandersetzung über die Abtreibung aufeinander. Es dauerte Jahre, bis aus der Indikationslösung West (Abtreibung in bestimmten Notlagen) und der Fristenlösung Ost (während der ersten drei Monate) der Kompromiss wurde, mit dem wir heute leben.
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