Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die Rechte von Lebendorganspendern gestärkt. Wenn Organspender über mögliche gesundheitliche Risiken einer Organentnahme ungenügend aufgeklärt und die Gespräche nicht dokumentiert würden, können sie Schadensersatz erhalten, entschied der für Arzthaftungsfragen zuständige VI. Zivilsenat des BGH.
Die Richter gaben zwei Spendern Recht, die nach Nierenspenden unter gesundheitlichen
Beeinträchtigungen leiden und Schadenersatz sowie Schmerzensgeld wegen
unzureichender Aufklärung forderten.
Beide Fälle aus
Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen müssen vor dem Oberlandesgericht
(OLG) Hamm zur Feststellung der Schadenshöhe neu verhandelt werden. Das
OLG hatte zwar Fehler bei der Aufklärung festgestellt – etwa das Fehlen
des vorgeschriebenen neutralen Arztes – die Klage der Spender aber
abgewiesen.
Entscheidend sei, dass potenzielle Organspender über sämtliche Risiken umfassend aufgeklärt werden müssten, urteilten die BGH-Richter.
“Denn die Einhaltung der Vorgaben des Transplantationsgesetzes ist
unabdingbare Voraussetzung, wenn die Bereitschaft der Menschen zur
Organspende langfristig gefördert werden soll”, sagte die Vorsitzende
Richterin.
638 Nieren wurden 2018 nach Lebendspende transplantiert
Das Gesetz schreibt Ärztinnen
derzeit eine Aufklärung über mögliche Folgen vor. Dabei ist unter anderem
vorgesehen, dass bei einem Aufklärungsgespräch ein zweiter Arzt anwesend
sein muss. Zwang, psychische Abhängigkeit oder finanzielle Anreize
dürfen keine Rolle spielen – was eine Kommission in jedem Einzelfall
überprüft.
Zu
Lebzeiten kann ein gesunder Mensch mit guter Nierenfunktion eine Niere
spenden. Die verbleibende Niere kompensiert den Ausfall. Ebenso können
Transplantationsmediziner einen Teil der Leber zur Transplantation
entnehmen.
In Deutschland wurden im vergangenen Jahr nach Angaben der Deutschen
Stiftung Organtransplantation (DSO) 638 Nieren sowie in 57 Fällen Teile
der Leber nach einer Lebendspende transplantiert. Eine Organspende zu Lebzeiten ist nur unter
nahen Verwandten und einander persönlich eng verbundenen Menschen
möglich.
Lebendorganspender müssen mit Frühkomplikationen rechnen
Wird die Spenderniere
entfernt, kann es etwa zu Frühkomplikationen wie Wundinfekten,
Blutungen, Thrombosen, Lungenembolien und Lungenentzündungen kommen.
“Schwerwiegende Komplikationen treten in seltenen Fällen auf”, sagt die
DSO. Langfristig können, wie bei jeder Operation im Bauchraum,
Narbenprobleme oder ein Narbenbruch auftreten. “Im extrem seltenen Fall
einer schweren Erkrankung der verbliebenen Niere (Tumor, schwere
Verletzung) kann möglicherweise beim Spender die Dialysenotwendigkeit
eintreten”, heißt es auf der Website.
Wird ein Teil der
Leber entfernt, sind die möglichen Frühkomplikationen vergleichbar mit
denen der Nierenoperation. Allerdings weist die DSO darauf hin, dass
sich Risiken für die Spender noch schwer in Zahlen fassen lassen: “Die
Voruntersuchungen und die Entnahmetechniken entwickeln sich weiter.” Das
Risiko sei wohl vergleichbar mit dem einer Leberteilentfernung aus
Krankheitsgründen.
Derzeit warten etwa 9.400 schwer kranke
Menschen hierzulande auf eine lebensrettende Niere, Lunge oder ein Herz.
Täglich sterben im Schnitt drei davon, weil nicht rechtzeitig ein
passendes Organ zur Verfügung steht. Allein fast 8.000
Menschen brauchen eine neue Niere. Das sind etwa dreimal so viele, wie
derzeit Transplantate vermittelt werden können.
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