In der Diskussion um die Gaspipeline Nord Stream 2 durch die Ostsee haben Litauen und die Ukraine gemeinsam die deutsche Regierung zu einer Korrektur aufgefordert. “Russland hat Energie immer als politisches Werkzeug zur Einflussnahme und als Druckmittel genutzt”, sagte Litauens Präsidentin Dalia Grybauskaitė. “Daher sind wir durchaus überrascht, dass es in Deutschland noch so viel Unterstützung gibt. Denn für uns ist klar, dass mehr Energieabhängigkeit von Russland mehr politische Abhängigkeit bedeutet.”
Grybauskaitė sagte, sie habe versucht, die Position der Bundesregierung
von Kanzlerin Angela Merkel zu verstehen. “Ich denke, für die Kanzlerin
ist die Situation schwieriger. Sie steht unter Druck von großen
Konzernen, die gerne eine bessere Beziehung zu Russland hätten”, sagte
die Präsidentin mit Blick auf deutsche Unternehmen wie den
Energieversorger Uniper und die BASF-Tochter Wintershall, die an dem
Pipelineprojekt beteiligt sind.
Mit Nord Stream 2 soll russisches Gas nach Deutschland transportiert werden. Die Pipeline, die von St. Petersburg nach Greifswald verläuft, ist ein wichtiges Projekt von Wladimir Putin. Sie soll 55 Milliarden Kubikmeter Gas im Jahr transportieren. Dieses Volumen entspricht mehr als der Hälfte dessen, was Russland heute durch die Ukraine in die EU leitet.
Gastransit ist politisch
Der ukrainische Außenminister Pawlo Klimkin betonte: “Der Gastransit ist eine politische Frage in Russland. Er beruht weder auf ökonomischen Berechnungen noch auf ökonomischen Interessen.” Die aktuelle deutsche Position mache Verhandlungen viel schwieriger und spiele dem russischen Präsidenten Wladimir Putin in die Karten, sagte Klimkin. Der Kremlchef verzögere und verschiebe Verhandlungen. “Je eher Deutschland seine Position ändert, desto besser für die gesamte europäische Energiesicherheit.”
Die baltischen Staaten und Polen sehen in Nord Stream 2 eine Gefahr für ihre Sicherheit. Die Ukraine fürchtet, ihre Rolle als Transitland für russisches Gas in die EU zu verlieren. In der Vergangenheit hat Russland seine Gaslieferungen ins Ausland als politisches Druckmittel benutzt. Ukrainische Experten sagen, Russland benutze Nord Stream 2 nun als Waffe im russisch-ukrainischen Krieg. Aktuelle UN-Zahlen zeigen, dass der seit 2014 andauernde Konflikt verlustreicher war als bisher angenommen. Statt der bisher kommunizierten Zahl von 10.300 hat der Krieg bisher 12.447 Todesopfer gefordert. Unter ihnen waren 3.320 Zivilisten, 3.813 ukrainische Militärangehörige und 5.314 Separatisten.
Kürzlich hatte der US-Botschafter in Deutschland, Richard Grenell, beteiligten Konzernen gedroht, sie setzten sich einem “erheblichen Sanktionsrisiko” aus, sollte die Nord-Stream-2-Pipeline in Betrieb genommen werden. Die USA haben das Projekt mehrfach kritisiert.
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