Der Wehrbeauftragte des
Bundestages, Hans-Peter Bartels (SPD), sieht die stark angestiegenen Kosten für
die Sanierung des Segelschulschiffs Gorch Fock
als symptomatisch für Probleme bei der Bundeswehr. “Alles wird zu teuer,
geht zu langsam, wirkt am Ende unfertig – vom Eurofighter bis zur Fregatte F125“, sagte Bartels der Passauer
Neuen Presse.
Laut Bartels sei die
Reparatur der Gorch Fock “besonders
spektakulär aus dem Ruder gelaufen”. Sie stehe dem Wehrbeauftragten
zufolge “für ein System der Verantwortungsdiffusion, in dem niemand für
das Ganze verantwortlich ist”. Bartels kritisiert, dass an den
Rüstungsprojekten zu viele beteiligt seien. “Wir beobachten bei fast jedem
Rüstungsprojekt, dass Kalkulation und tatsächlicher Preis sich weit
auseinanderentwickeln”, sagte er.
Wegen der Probleme bei der Sanierung der Gorch Fock wird Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) kritisiert. Das
1958 gebaute Segelschulschiff wird seit 2016 überholt. Von ursprünglich
geplanten zehn Millionen Euro sind die Kosten inzwischen auf 135 Millionen Euro
gestiegen. Der
Bundesrechnungshof machte für den Kostenanstieg auch jahrelange Versäumnisse
bei Bundeswehr und Verteidigungsministerium verantwortlich. So sei das Schiff
zuletzt vor knapp 40 Jahren vollständig technisch untersucht und dokumentiert
worden. Die Schäden am
Rumpf seien nie korrekt untersucht und bewertet worden. So seien zu niedrige
Schätzungen über die Kosten der Reparatur entstanden.
Neubau wurde “nie ernsthaft in Betracht gezogen”
Grünen-Politiker
Tobias Lindner warf der Ministerin in der Bild-Zeitung
vor, einen Neubau eines Schulschiffes “nie ernsthaft in Betracht
gezogen” und “die Augen vor den Kosten verschlossen” zu haben. Kritik
kommt auch von der FDP: “Dass die Ministerin die Gorch Fock erst nach fünf Jahren im Amt besuchte, zeigt, dass sie
die steigenden Kosten bisher nicht ernst genommen hat”, sagte
Verteidigungsexpertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann dem Blatt.
Wehrbeauftragter Bartels
kritisiert, dass die Gorch Fock seit
2000 immer in derselben Werft repariert werde. “Aber erst jetzt wird plötzlich festgestellt, dass es
Reparaturbedarf gibt, der einen Neubaupreis übersteigt. Eigentlich hätte man
schon bei der Kostenexplosion auf 135 Millionen Euro im Frühjahr hellhörig
werden müssen”, sagte er. Aufregung sei Bartels zufolge erst nach
Korruptionsermittlungen und der Selbstanzeige eines Bundeswehrmitarbeiters
entstanden. Laut der Staatsanwaltschaft Osnabrück soll ein Mitarbeiter des Marinearsenals
Wilhelmshaven Gelder von der Werft und einer an der Sanierung beteiligten
Firmen erhalten haben.
Verteidigungsministerin von der Leyen versprach nach Bekanntwerden der Korruptionsvorwürfe Aufklärung.
“Die Gorch Fock ist
ein stolzes Traditionsschiff, um das ich mir Sorgen mache”, sagte sie den
Zeitungen des RedaktionsNetzwerks Deutschland (RND). Ihr zufolge seien alle
Zahlungen für die Sanierung bis auf Weiteres gestoppt. Sofern es möglich
sei, wolle von der Leyen allerdings an dem Segelschulschiff festhalten: “Die
Gorch
Fock verkörpert eine große
Tradition in der Marineausbildung und nach einer umfassenden Restaurierung wäre
vieles wieder wie neu. Das muss man berücksichtigen”, sagte die
Ministerin. Allerdings sei es auch wichtig, “Klarheit gegenüber
den Steuerzahlern zu schaffen, die die Kosten des Schiffs tragen, und Licht in
den Korruptionsvorwurf zu bringen”.
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