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Florian Silbereisen: Boss Move

Dass Florian Silbereisen jetzt Traumschiff-Kapitän wird, könnte uns als einigermaßen billige Witzvorlage dienen. Irgendwas in die Richtung, dass er nach der Trennung von Helene Fischer in fernen Gestaden auf andere Gedanken kommen kann, wäre gewiss schnell geschrieben, und dass auf so einem Traumschiff zum Glück nur atemlos ist, wer nach fünf Stücken Eistorte beim Deckspaziergang aus Versehen die Walking-Stöcke mitnimmt. Oder so.

Aber wir sind natürlich nicht hier, um boulevardeske Erzählungen fortzuspinnen, wir müssen vielmehr die wahre gesellschaftliche Bedeutung dieser Personalie herauspräparieren – und das geht nur, wenn man erst einmal allen Traumwelt-Flitter beiseite bläst. 

Was dann bleibt, sind zwei sehr erfolgreiche öffentliche Personen, ein Mann und eine Frau, die vor wenigen Wochen ihre einvernehmliche Trennung kommuniziert haben, und von denen sie, Helene Fischer, immer noch eine ganze Ecke erfolgreicher ist als er, Silbereisen, und zu allem Überfluss schon einen neuen Freund hat, mit dem sie zum noch größeren Überfluss bereits seit Längerem auf einer Bühne herumtanzt.

Nun gaben wir hier seinerzeit schon der Hoffnung Ausdruck, dass diese Trennung all jenen Pärchenresten zum Vorbild werden kann, die sich irgendwann zwischen zwei Powerkarrieren als Liebende verloren haben, sich als Kollegin und Kollege aber fair verbunden bleiben wollen. 

Zugleich blieb in uns aber ein Zweifel: Ist die Asymmetrie nicht doch zu groß? Auf der einen Seite Helene, superreicher und international mit (wenn auch kuriosem) Interesse beobachteter Topstar? Auf der anderen Seite “der Flori”, der immerzu Roland Kaiser und die Kelly Family ansagen muss? Man stelle sich nur vor, Silbereisen hätte jetzt noch einmal einen Ausrutscher wie 2010 auf dem Passauer Weihnachtsmarkt, als er am Glühweinstand randalierte. “Der Arme”, würden sich die Leute sagen, “kommt einfach nicht drüber hinweg.”

Der TV-Kapitänsposten ist vor diesem Hintergrund das absolut Beste, was Silbereisen passieren konnte. Einerseits bedeutet er Weiterentwicklung gegenüber den immer gleichen Die-Besten-der-Besten-Shows. Zugleich ist das fiktive Patent fast das einzig wirksame, was Silbereisen der Überkarriere seiner Ex entgegensetzen kann. Denn statt in einen gedachten Wettbewerb mit ihr zu treten, verlagert er geschickt das Gewicht aufs andere Bein – und wird so unantastbar.

Schiffe allgemein und das Traumschiff im Besonderen sind Heterotopien – Orte also, die nach anderen Regeln funktionieren als die Welt um sie herum. Auf dem Schiff ist der Kapitän immer auf Augenhöhe mit den Reichen, Mächtigen und Erfolgreichen. Mehr noch: Er ist, auf dieser kleinen Fläche, Letztinstanz, Allmächtiger. Für ihn geht es vielleicht an Land nicht weiter nach oben, aber an ihm führt auf dem Wasser kein Weg vorbei.

Mag Helene Fischer die Welt erobern, sie wird immer damit leben müssen, dass ein Echo (oder was auch immer jetzt kommt) kein Grammy ist und die Veltins-Arena nicht das Wembley-Stadion; dass es immer zu noch höheren Lichttraversen hinausginge, von denen es sich herunterschweben ließe wie ein Erzengel. Florian Silbereisen aber wird fortan mit Erzählungen in die Wohnzimmer kommen, die ihn systematisch als Stellvertreter Gottes auf Planken anlegen. Boss Move! Wer hat jetzt gewonnen?

Gegen all dies ließe sich natürlich einwenden, dass Getrennte nicht per se in einem Wettbewerb stehen und ob man die Überlegungen hier auch angestellt hätte, wäre der Mann der erfolgreichere zweier Ex-Liebender. Hierzu halten wir fest, dass wir uns natürlich wünschen, die Welt würde geschlechterneutral auf solche Vorgänge blicken, dass wir aber verhalten pessimistisch sind, ob das zeitnah klappt. 

Bis dahin gönnen wir Florian Silbereisen, fortan nicht mehr wie der gehörnte Ex von Helene Fischer besehen zu werden, sondern wie der Nachfolger des großen Sascha Hehn und Kollege von Harald Schmidt. Nach ihm sollte dann eine Frau beim Traumschiff das – haha – Ruder übernehmen. Wäre schade, Helene Fischer wäre sich dafür zu fein.

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