/Tempolimit: Hauptsache, der Verkehr wird klimafreundlich

Tempolimit: Hauptsache, der Verkehr wird klimafreundlich

Der große
Aufschrei überraschte nicht. Schließlich hat sich der Slogan “Freie Fahrt für
freie Bürger” seit Jahrzehnten in die Hirne der Deutschen eingebrannt – da
treibt schon die Erwähnung des Wortes Tempolimit bei vielen Autofahrerinnen und
-fahrern den Puls auf 180. Wie auch jetzt wieder, nachdem am Freitag ein erster
Entwurf einer Arbeitsgruppe zur Zukunft der Mobilität bekannt wurde
; darin schlagen
die Fachleute unter anderem eine allgemeine Geschwindigkeitsbeschränkung auf
Autobahnen von 130 km/h vor.

Die
Wortmeldungen der vergangenen Tage zeigen, wie emotional und oft wenig rational
die Diskussion erneut geführt wird. Mittendrin ausgerechnet der
Bundesverkehrsminister, der den Vorschlag umgehend als “gegen jeden
Menschenverstand” abtat. Damit stempelt Andreas Scheuer (CSU) die
Verkehrskommission, die er selbst ins Leben gerufen hat, gewissermaßen als
verrückt ab. Dabei ist die Idee alles andere als völlig abwegig, denn in allen
anderen Industrieländern existieren generelle Tempobegrenzungen
.

Ohnehin geht
in der Diskussion über den Gutachter-Vorschlag vieles durcheinander. Schnell
drehen sich Gespräche um Staus und Verkehrssicherheit. Man mag darüber
streiten, ob ein Tempolimit auf Autobahnen Staus vermeiden hilft – der bekannte
Stauforscher Michael Schreckenberg bezweifelt das
– oder ob dadurch die Zahl
der Verkehrstoten sinkt. Letzteres ließe sich womöglich eher mit einer Senkung
des Tempolimits auf Landstraßen
erreichen, denn dort passieren rund zwei
Drittel aller Unfälle mit Todesopfern.

CO2-Emissionen im Verkehr steigen

Doch das
sind sekundäre Fragen. Der Arbeitsgruppe, aus der jetzt das unabgestimmte
Papier nach außen drang, geht es nämlich um etwas ganz anderes: einen
signifikanten Beitrag des Verkehrs zum Klimaschutz. Das allgemeine Tempolimit
auf Autobahnen muss also daran gemessen werden, ob es wirklich den CO2-Ausstoß
im geforderten Maße reduziert. Schließlich hat die Bundesregierung in ihrem
Klimaschutzplan konkret festgehalten, dass der Verkehrssektor bis 2030 seine
CO2-Emissionen um 40 bis 42 Prozent gegenüber 1990 senken soll.

Davon ist er
weit entfernt: Zuletzt lag der Ausstoß sogar leicht über dem Wert von 1990 –
weil die Verkehrspolitik jahrelang nichts getan hat, um den Verkehr
klimafreundlicher zu machen.

Strittig ist aber, ob dafür ein generelles
Tempolimit der richtige Weg ist. Grundsätzlich sinkt mit der Geschwindigkeit des
Fahrzeugs der Luftwiderstand, was den Verbrauch und damit die Emissionen verringert.
Der Automobilverband VDA und auch der ADAC halten die Wirkung jedoch für marginal.
Sie berufen sich auf Berechnungen des Umweltbundesamtes, wonach selbst ein
strengeres Tempolimit von 120 km/h den CO2-Ausstoß von Pkw auf Autobahnen
lediglich um neun Prozent senke; damit brächte das Tempolimit eine CO2-Ersparnis im Verkehr insgesamt um gerade mal drei Prozent.

Der BUND,
der mit in der Verkehrskommission sitzt, betrachtet die Sache indes mit einem geweiteten
Blick
. Ein generelles Tempolimit fördere das Downsizing, argumentiert der
Umweltverband: Wenn auf deutschen Autobahnen nicht mehr mit 180 oder 220 km/h
gefahren werden dürfe, ergebe der Kauf eines PS-starken Autos für die meisten kaum
noch Sinn. Auch Experten wie
Ferdinand Dudenhöffer bezweifeln seit Langem den Sinn hoher Motorisierungen
: Der
Duisburger Automobilprofessor stellt etwa die Frage, ob ein Mittelklassewagen
im Alltag wirklich 170 PS und mehr braucht.

Zwar wurden Motoren im Lauf der
Jahre effizienter, also emissionsärmer – das wurde jedoch mit immer weiter
steigenden Motorleistungen der Autos konterkariert. Ein generelles Tempolimit
könnte aus Sicht von BUND und anderer Umweltverbände sowie dem ökologisch
ausgerichteten Verkehrsclub Deutschland (VCD)
zur Abkehr von immer
leistungsstärkeren und schwereren Autos führen, auf längere Sicht würden sich so kleinere und sparsamere Motoren
durchsetzen. Davon hätten auch die
Fahrerinnen und Fahrer etwas, denn auch der Spritverbrauch würde so sinken.

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