In den sogenannten Trilogverhandlungen um ein neues EU-Urheberrecht, an denen der Europäische Rat, das EU-Parlament und die EU-Kommission beteiligt sind, haben sich elf Länder gegen den Kompromissvorschlag der rumänischen EU-Ratspräsidentschaft ausgesprochen. Das berichten Politico und der Spiegel.
Neben Deutschland, Belgien, den Niederlanden, Finnland und Slovenien, die bereits eine frühere Version der Richtlinie abgelehnt hatten, stimmten nun auch Italien, Polen, Schweden, Kroatien, Luxemburg und Portugal gegen das Verhandlungsmandat, teilte die EU-Abgeordnete Julia Reda (Piratenpartei) auf ihrer Homepage mit.
Strittig an dem neuen Urheberrecht sind vor allem die Artikel 11 und Artikel 13: Artikel 11 sieht ein Leistungsschutzrecht für Presseverleger
vor. Onlinedienste müssten dann dafür zahlen, wenn sie auch nur kleine Ausschnitte aus Presseartikeln verbreiten. Es geht dabei vor allem um Angebote wie Google News, die auf Artikel verlinken. Die Verlage werfen dem Anbieter vor, nichts für die Nutzung dieser Texte zu bezahlen und mit der Werbung, die die Suchmaschine um die Ergebnisse herum ausspielt, Geld zu verdienen. Erwerben sie keine Lizenz für die Nutzung von den Verlagen, dürften News-Aggregatoren wie Google künftig nur noch einzelne Wörter aus
Artikeln von
Magazinen und Onlinemedien teilen.
Bisher galt das Urheberrecht
für
gesamte Texte, nicht für einzelne Sätze oder Abschnitte. Würde die Gesetzesänderung angenommen, könnte künftig schon das Teilen einer Überschrift strafbar sein. Auch die Linkvorschau auf Twitter, Facebook oder bei WhatsApp dürfte dann möglicherweise nur noch einzelne Wörter enthalten. Bei vergangenen Trilog-Sitzungen hatten sich die Verhandlungsparteien immerhin darauf geeinigt, Hyperlinks vom Urheberrecht auszunehmen.
Als Protest gegen die geplante Reform generierte Google Vorschau-Bilder, wie eine Suchergebnisseite mit aktuellen Nachrichten aussehen könnte: quasi leer. Es fehlen Überschriften, Kurzbeschreibungen und Bilder, sichtbar sind nur ein Zeitstempel und der Name des Mediums. Der Internetkonzern will das Urheberrecht in seiner geplanten Form verhindern. Gegenspieler sind Verlage, die sich von dem Leistungsschutzrecht neue Einnahmen erhoffen.
Wem kommen Uploadfilter zugute?
Artikel 13 soll die Haftbarkeit von Plattformbetreibern regeln. Onlineportale wie YouTube sollen dafür Lizenzen mit Urheberrechtsinhabern, etwa mit Filmstudios, abschließen. Ohne Vereinbarung wären die Portale verpflichtet, Urheberrechtsverletzungen bereits vor dem Hochladen zu vermeiden. Bislang gilt
das sogenannte Providerprivileg der E-Commerce-Richtlinie: Anbieter müssen auf
Urheberrechtsverletzungen erst reagieren, wenn sie davon erfahren und einen
Hinweis auf Löschung erhalten, etwa wenn ein unrechtmäßig hochgeladenes
Video von einem Rechteinhaber gemeldet wird.
Im Zusammenhang mit dem neuen EU-Urheberrecht halten es viele für unvermeidbar, dass sogenannte Uploadfilter, die Material vor dem Hochladen auf Urheberrechtsverstöße prüfen, eingesetzt würden. Kritikerinnen und Kritiker bezeichnen diese Filter als Zensurinstrumente. Denn die Entscheidungsgewalt, welche Inhalte auf Plattformen geteilt werden, liege damit bei den Betreibern.
Einigkeit besteht bei der Notwendigkeit einer Reform des EU-Urheberrechts: Im aktuellen Gesetz sind die Abschnitte, die im Wesentlichen das Netz betreffen, im Juni 2001
in Kraft getreten. Zu diesem Zeitpunkt existierten weder Twitter und YouTube noch überhaupt Smartphones in ihrer heutigen Form.
Wenn es der EU-Ratspräsidentschaft bis Februar nicht gelingt, die nationalen Regierungen zu einen, wird es vor der Europawahl im Mai vermutlich nicht mehr zu einer finalen Abstimmung im EU-Parlament kommen.
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