Auf ihrem Sonderparteitag in München haben die CSU-Delegierten Markus Söder mit 87,4 Prozent zu ihrem neuen Parteivorsitzenden gewählt. 647 der 771 abgegeben Stimmen entfielen auf den bayerischen Ministerpräsidenten. Söder bedankte sich für die Wahl und wünschte seiner Partei “eine starke Europawahl” und “eine starke CSU”. Er folgt auf den bisherigen Parteichef Horst Seehofer.
Vor der Wahl bezeichnete Söder den Wechsel an der Parteispitze als Zäsur. Es habe große Erfolge, aber auch manche Niederlage gegeben, sagte er in seiner Bewerbungsrede. Was bleibe, sei eine große Lebensleistung von Seehofer, der die CSU in einer stürmischen Phase übernommen habe. In seiner Rede schlug Söder Seehofer als Ehrenvorsitzenden neben Edmund Stoiber und Theo Waigel vor. Die Delegierten stimmten später dafür. Über sein eigenes, nicht einfaches Verhältnis zu dem bisherigen Vorsitzenden sagte Söder: “Wir haben uns manchmal auch geprüft – ich glaube, das kann man so sagen.”
“Die CSU war, ist und muss immer die entscheidende Partei in Bayern bleiben”, sagte der Politiker weiter. Er selbst wolle mit “Herz, Leidenschaft und Verstand” für diese Partei arbeiten. Der Erfolg Bayerns sei auch ein Erfolg der CSU. Er sprach sich zudem für Föderalismus statt Zentralismus aus: Man wolle keine Eingriffe in Länderkompetenzen, sagte Söder bezogen auf den Digitalpakt. Der Bund wollte das Kooperationsverbot lockern, um die Digitalisierung in Schulen mit Milliarden zu fördern. Alle 16 Bundesländer hatten sich dagegen ausgesprochen.
“Die CSU muss die Schutzmacht der Bürger sein”
Aus den Landtagswahlen im vergangenen Jahr wolle er Lehren ziehen. Bei den Wahlen in Bayern im Oktober hatte die CSU zehn Prozentpunkte im Vergleich zu 2013 eingebüßt und nur noch 37 Prozent der abgegebenen Stimmen erhalten. Es gehe bei der Gewinnung von Wählerinnen und Wählern nicht nur um Bilanzen, es gehe auch um Gefühle und Emotionen, sagte Söder. Große Entwicklungen wie die Digitalisierung, der Klimawandel oder die Migration wirkten sich bis in kleine Ortschaften aus. “Die CSU muss die Schutzmacht der Bürger sein”, so der neue Landeschef.
Söder will auch stärker um neu eingebürgerte Migrantinnen und Migranten als Wählerinnen und Wähler werben. “Lasst uns die auch
ansprechen”, sagte er. “Bayer wird man nicht nur durch Geburt,
sondern durch Einstellung und Überzeugung.” Insgesamt müsse sich
die CSU neue Milieus in Großstädten erschließen. Dort hatte sie bei den
vergangenen Wahlen viele Anhänger an die Grünen verloren.
Mit Blick auf die Europawahl im Mai positionierte er sich und seine Partei als proeuropäisch: “Wir machen kein ‘Bayern first‘ oder ‘Bayern only‘, wir sind keine Bayernpartei”, sagte er. “Wir wollen Verantwortung in Europa tragen.” Die AfD hatte auf ihrem Parteitag vor wenigen Tagen über einen Dexit diskutiert, einen Austritt Deutschlands aus der EU. Söder bezeichnete das als “Rückfall in urnationalistische Zeiten”. Überhaupt seien Teile der AfD kein Fall für das Parlament, sondern für den Verfassungsschutz.
Söder griff auch andere Parteien in seiner Rede immer wieder an. Die SPD sei eine Zeitepochenpartei, sie gebe alte Antworten auf neue Fragen. Den Grünen dagegen warf er Doppelmoral vor, die man ihnen “nicht länger durchgehen lassen” dürfe, sagte der bayerische Ministerpräsident.
Söder will “neues Kapitel” mit der CDU aufschlagen
Versöhnlich zeigte er sich gegenüber der Schwesterpartei CDU. “Wir brauchen in der Zusammenarbeit von CDU und CSU eine neue Form, ein neues Kapitel, das wir aufschlagen”, sagte er. Die Union hatte im vergangenen Jahr einen existenziellen Streit über die Position in der Migrationsfrage ausgetragen. Ähnlich äußerte sich auch die neue CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer, die ebenfalls auf dem Sonderparteitag sprach. “Wenn es uns nicht gelingt und wir es nicht schaffen,
gemeinsam ein großes Problem in Deutschland zu lösen, dann
erleben beide, dass keiner von uns etwas davon hat”, sagte sie. Die Unionsparteien müssten sich wieder als politische
Familie verstehen. “Denn wir sind die letzte verbliebene
Volkspartei in Deutschland.”
Die bayerische Landtagspräsidentin Ilse Aigner sagte dem Sender Phoenix, dass Seehofer “ein
spezieller Kämpfer” für die Sache der Partei gewesen sei. “Er hat es
uns nicht immer leicht gemacht, wir ihm aber auch nicht.” Seehofer habe
die CSU in der Vergangenheit zu absoluten Mehrheiten geführt,
gleichzeitig aber auch Auseinandersetzungen mit der CDU gehabt, “und das
ist auch auf uns zurückgeschlagen”. Aigner forderte künftig wieder mehr
Geschlossenheit zwischen den beiden Unionsparteien. Der Europa-Abgeordnete und CSU-Bezirksvorsitzende in Schwaben, Markus Ferber, sagte, dass Söder nun der Partei seinen Stempel aufdrücken und auch seinen Führungsanspruch deutlich machen müsse. “Und dem hat sich auch ein Bundesminister unterzuordnen”, so Ferber in Richtung Seehofer.
Seehofer hatte in seiner Abschiedsrede außerdem gefordert,
die “kleinen Leute” nicht zu verachten. Auch Söder sagte, man
müsse die Partei der sozialen Verantwortung bleiben. “Die CSU war nie
die Partei der Proseccotrinker, sondern sie war immer die Partei der
Leberkäs-Etage.”
Seehofer hatte im November 2018 angekündigt, sein
Amt als Parteivorsitzender aufzugeben. Damit reagierte er auf den großen
Stimmenverlust der CSU bei der bayerischen Landtagswahl Mitte Oktober.
Söder ist der neunte Parteivorsitzende der CSU seit ihrer Gründung im
Jahr 1945.
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