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Brexit: Lieber spät als hart?

Das Parlament verlangt von May, dass sie innerhalb von drei Tagen
erklärt, wie sie weitermachen will. Wenn sie im Parlament nur eine Mehrheit findet, die weitere Gespräche oder sogar Verhandlungen mit der EU erfordert, wird
sie sich wohl als Erstes mehr Zeit für ihr Vorhaben sichern müssen –
egal wie dieses aussieht. Hohe EU-Beamte rechnen laut Guardian
und Deutscher Presse-Agentur damit, dass May einen Antrag auf
Fristverlängerung stellt, den Brexit also um eine bestimmte Zeit
aufschieben will.

Eine Fristverlängerung bliebe auch eine
realistische Option, wenn Theresa May zurücktritt oder durch ein
Misstrauensvotum abgesetzt wird. Denn entweder wählt die Konservative Partei einen Nachfolger, der erneut mit der EU verhandeln will, oder es
gibt Neuwahlen. Die brauchen Vorbereitungszeit. Und ein
neuer Premierminister, der auf diese Weise an die Macht käme, würde ebenfalls
Zeit zum Nachverhandeln benötigen. Dabei dürfte
es vor allem um die Frage des Notfallplans für die irisch-nordirische Grenze gehen, den sogenannten Backstop.

Das
bisherige Abkommen sieht vor, dass Großbritannien mit der EU-Zollunion
eine neue Zollunion bildet und Nordirland quasi im EU-Binnenmarkt bleiben sollen, bis ein
Freihandelsabkommen mit der EU beschlossen ist, damit es nicht zu
Kontrollen an der inneririschen Grenze kommt. Mays Gegner
kritisieren, dass ihr Land wegen dieser Regelung für lange Zeit
EU-Gesetze befolgen muss, ohne über sie mitentscheiden zu können.

May
und die EU könnten diese Kritik ausräumen, wenn sie die Dauer des
Backstops von Vornherein zeitlich befristeten. Seit Monaten schon
versucht May, die EU davon zu überzeugen. Dann verließe
Großbritannien zum Beispiel vier Jahre nach dem Austritt aus der EU
automatisch auch die Zollunion und Nordirland den Binnenmarkt. Ein noch
größeres Zugeständnis der EU wäre, wenn man dem Vereinigten Königreich
das einseitige Recht einräumte, den Backstop zu einem beliebigen
Zeitpunkt zu beenden – was die EU bislang kategorisch ablehnt. Eine dritte Option wäre, den Britinnen und Briten
gewisse Mitspracherechte in der Handelspolitik einzuräumen, solange sie
Mitglied der Zollunion sind. Womöglich würden diese Änderungen einige
Abgeordnete im britischen Parlament überzeugen, dem Austrittsabkommen
doch noch zuzustimmen – und so einen harten Brexit verhindern.
Allerdings gibt sich die EU bislang hart: Aus ihrer Sicht ist der sogenannte Backstop nur sinnvoll, wenn er zeitlich nicht befristet ist – da
sonst erneut ein Austritt ohne Abkommen droht. Die EU hat allerdings ebenfalls kein Interesse an einem harten Brexit, da er auch die
europäische Wirtschaft treffen würde. 

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