Gruppen der rechtsextremen Identitären Bewegung haben in mehreren deutschen Städten Redaktionen und Parteibüros angegriffen. Sie klebten Plakate mit Hinweisen auf linke Gewalt, die Mitarbeiterin einer Zeitung wurde verletzt.
Von Henrik Merker
Die Attacken kamen schnell und koordiniert: In mehreren deutschen Städten haben Gruppen der rechtsextremen Identitären Bewegung am Montag Redaktionen und Parteibüros angegriffen. In Berlin wurde die Mitarbeiterin einer Zeitung verletzt – nur in Frankfurt stoppte die Polizei den Trupp frühzeitig.
Mit einem Transparent posierten Identitäre am Montagmorgen in Dresden vor einem Büro der Linken und einer Niederlassung der SPD – darauf war die Frage „Wann reden Sie über linke Gewalt?“ zu lesen. Ein Zeuge berichtete dem Störungsmelder, die Teilnehmer hätten rote Farbe, Steine, Fahnen und Benzinkanister abgestellt; an die Eingangstüren klebten sie ebenfalls Plakate mit dem Hinweis auf linke Gewalt. Später brüsteten sich die Identitären auf Twitter mit der Tat und bezeichneten sie als Teil mehrerer bundesweiter Aktionen.
Der Staatsschutz ermittelt
In Berlin wurde die Tageszeitung taz Ziel der Aktion. Eine Mitarbeiterin habe sich einer Gruppe von sechs bis sieben Angreifern entgegengestellt und versucht, die Plakataktion zu verhindern. „Daraufhin wurde sie gepackt und am Oberkörper getroffen“, schreibt die Redaktion in ihrem Hausblog. Die Berliner Polizei ermittelte drei Verdächtige: Bei den zwei Männern und einer Frau im Alter von 24, 27 und 31 Jahren handele es sich um Aktivisten einer „bekannten Bewegung“, teilte sie mit. Zudem konnte der bei der Aktion benutzte Transporter gefunden werden.
Laut Medienberichten sollen in Berlin auch das ARD-Hauptstadtstudio und das Willy-Brandt-Haus der SPD von den Attacken betroffen sein. Auch in kleineren Städten zogen die rechtsextremen Aktivisten mit ihren Plakaten zu Niederlassungen ihrer politischen Gegner – in Augsburg zum Wahlkreisbüro der Grünen-Politikerin Claudia Roth, in Lüneburg zu einem Parteibüro der Linken.
Nur in Frankfurt am Main waren die Behörden offenbar im Vorfeld auf die Pläne aufmerksam geworden. Dort stellten Polizisten etwa zehn Identitäre, die Plakate an das Verlagshaus der Frankfurter Rundschau kleben wollten, wie die Zeitung berichtet. Jetzt läuft ein Verfahren wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz.
Enge Kontakte zur AfD
Die Identitären sind seit 2013 im Fokus des Verfassungsschutzes, seit 2016 werden sie offiziell als rechtsextrem eingestuft und beobachtet. Dabei gibt es auch Verbindungen zur AfD: Die Partei hat zwar schon 2016 offiziell beschlossen, nicht mit der Identitären Bewegung zusammenzuarbeiten – doch deren Kader sind unter anderem als Mitarbeiter bei Abgeordneten der Partei angestellt und nehmen regelmäßig an gemeinsamen Veranstaltungen teil. Zuletzt kamen die Abgeordneten Roger Beckamp und Hans-Thomas Tillschneider im Haus der Identitären in Halle zusammen, um mit ihnen zu diskutieren, wie die AfD der Beobachtung durch den Verfassungsschutz entgehen könne.
Erst kürzlich hatte die AfD-Jugendorganisation Junge Alternative sich von ihrem niedersächsischen Landesverband getrennt, weil dieser zu enge Überschneidungen mit Identitären und anderen rechtsextremen Gruppen aufwies. Eine einheitliche Haltung zu der rassistischen Gruppierung hat die Partei bis heute nicht gefunden.
Notorisch gewaltaffin
Immer wieder wurde klar, dass zur Taktik der Identitären auch Gewalt gehört. Viele der Gruppenmitglieder sind in Kampfsportvereinen aktiv und nehmen an Wettkämpfen teil. Bei Kampfsportevents der Neonaziszene im sächsischen Ostritz waren regelmäßig Identitäre anzutreffen.
Vor zwei Wochen sollen Philip Stein, Jörg Dittus und Volker Ziercke in Italien an einem Aufmarsch der neofaschistischen Partei CasaPound teilgenommen haben. Die drei Publizisten übernehmen eine Scharnierfunktion zwischen Identitären, Neuer Rechten und AfD. Bei dem Aufmarsch wurde laut Bildmaterial reihenweise der römische Gruß gezeigt – in Italien verboten als Erkennungszeichen der Mussolini-Faschisten, in Deutschland bekannt als Hitlergruß.
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