Die #MeToo-Debatte verschärft ein altes Dilemma: Ein Beschuldigter, der am Medienpranger steht, darf sich nicht wehren, weil er sonst sein Recht auf Anonymität verliert.
13. Januar 2019, 14:26 UhrEditiert am 13. Januar 2019, 14:26 Uhr
Niemand ist ein Täter, bis seine Schuld erwiesen ist – das ist ein alter
Hut. Und doch gibt es Vorwürfe, die Biografien zerstören können, bevor sie gerichtlich
überprüft werden. Auch das wissen wir nicht erst seit Jörg Kachelmann. Weil doch “immer etwas
hängen bleibt”, gelten für die Berichterstattung über bloße Verdachtsfälle strenge
Voraussetzungen. Selbst ohne dass der Name eines Verdächtigten genannt wird, kann eine
Identifizierung des Beschuldigten durch spezielle Hinweise oder Einzelheiten aus seinem Leben
rechtswidrig sein. Für die offene Nennung seines Namens muss es gute Gründe geben. Diese
Regeln zum Schutz der Anonymität von Personen, für welche die Unschuldsvermutung gilt, sind
über Jahre von den Gerichten ausdifferenziert worden. Sie sind halbwegs praktikabel, und doch
wird ziemlich oft gegen sie verstoßen. Das ist für die Pressekammern und Pressesenate in
deutschen Gerichten ein chronisches Problem. Für die Öffentlichkeit ist es keines –
bedauerlicherweise.
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