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Elbphilharmonie: Elbphilharmonie feiert zweiten Geburtstag

Oliver Hollenstein

Oliver Hollenstein
© Maria Feck

Liebe Leserin, lieber Leser,

heute wird sie schon zwei Jahre alt, unsere Elbphilharmonie. Dass
der Konzertsaal mal die bekannteste Baustelle Deutschlands war – vergessen.
Hamburg feiert. Ich traue mich kaum, das zu sagen, aber: Ich war bei meinem
ersten Besuch ein bisschen ernüchtert. Mein Lieblingskollege hatte mir noch
vorgeschwärmt, wie überwältigend die Architektur, wie großartig die Aussicht
auf der Plaza, wie brillant der Klang des Großen Saales sei. Als ich dann
selbst dort war, sah ich Architektur und Ausblick: schön, klar. Aber
Überwältigung wollte sich nicht einstellen. Drinnen im Saal hörte ich, wie
brillant die Details jedes Instruments zu identifizieren waren. Aber Spaß
machte das Konzert trotzdem nicht. Denn man konnte auch jeden der 2100 Gäste,
der hustete, sich räusperte oder in ein Taschentuch schniefte, brillant
identifizieren. Ich fand die Elbphilharmonie okay, aber nicht genial.
Vielleicht waren meine Erwartungen einfach zu hoch. Was halten Sie, zwei Jahre
nach ihrer Eröffnung, von der Elbphilharmonie? Eine fundierte Bilanz von einem
echten Experten lesen Sie übrigens gleich anschließend.

Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende!

Ihr Oliver Hollenstein

Wollen Sie uns Ihre Meinung sagen, wissen Sie etwas, über das wir
berichten sollten? Dann schreiben Sie uns: hamburg@zeit.de.

Aktuelles


© Ralph Larmann/Elbphilharmonie

Lohnt sich das Spektakel?

Seit am 11. Januar 2017 die Elbphilharmonie
eröffnet wurde, produziert der Konzertsaal nur noch Erfolgsmeldungen:
zufriedene Künstler, steigende Umsätze, traumhafte Besucherzahlen. Aber eine
Nachricht fehlt noch – und zwar die entscheidende, kommentiert unser
Kulturredakteur Florian Zinnecker. “Hamburg hat mit der Elbphilharmonie den
Beweis erbracht, dass es eine gute Idee ist, nicht nur wirtschaftlich, sondern
auch kulturpolitisch groß zu denken.” Jetzt fehlt noch die Kleinigkeit, dass
sich die Elbphilharmonie nicht nur künstlerisch, sondern auch für Hamburg
lohnt. Und daran, schreibt Zinnecker, ist Hamburg selbst schuld – weil es über
die wirtschaftlichen Auswirkungen nicht Buch führt. Aus Zinneckers Sicht “ein
Versäumnis, vergleichbar mit dem Effekt, den der Beschluss gehabt hätte, die
Elbphilharmonie nicht weiterzubauen, sondern die Bauruine abzureißen”. Seine
Analyse zum Elphi-Geburtstag lesen Sie hier.

Mal wieder neue Schulden

Die Stadt konnte im vergangenen Jahr 903
Millionen Euro an Schulden tilgen, gab die Finanzbehörde gestern erfreut
bekannt. Das ist eine recht einseitige Betrachtung. Rechnet man nur den Teil
der Kosten für die Privatisierung der HSH Nordbank mit, die von der Stadt
direkt getragen werden mussten, hat die Stadt 1,5 Milliarden Euro neue Schulden
gemacht. Und auch das dürfte noch nicht die ganze Wahrheit sein. Unter
Berücksichtigung der Schulden aller Nebenhaushalte und städtischen
Tochterfirmen könnten die Verbindlichkeiten sogar noch stärker gewachsen sein.
Diese Zahlen stehen allerdings öffentlich noch nicht zur Verfügung. Hamburgs
Miese steigen übrigens kräftig weiter in Zeiten, in denen die Steuereinnahmen
seit Jahren deutlich stärker wachsen als erwartet – und die meisten anderen
Bundesländer wirklich Schulden tilgen.

In einem Satz

Im Meridian Spa ist künftig das Nacktbaden
verboten, vermeldete das “Hamburger Abendblatt” gestern auf der Titelseite +++
Die Feuerwehr hat die Leiche einer Frau im Alter von vermutlich 55 bis 60
Jahren aus der Außenalster geborgen +++ Die Stadt hat 2018 den Bau von 11.243
neuen Wohnungen genehmigt, deutlich weniger als in den vergangenen Jahren +++ Die Hochbahn tauscht laut
NDR ab Mitte des Jahres alle 215 Fahrscheinautomaten gegen neue Geräte mit
größeren Bildschirmen aus, Kaffee kochen können sie dann leider immer noch
nicht

Was heute auf der Agenda steht

Tierpark Hagenbeck gibt den Namen des am
Heiligen Abend geborenen Elefantenbullen bekannt, wir tippen auf “Jesus” +++
Senatorin für Stadtentwicklung Dorothee Stapelfeldt (SPD) empfängt
Schleswig-Holsteins Innenminister Hans-Joachim Grote (CDU), um über gemeinsame
Raumplanungen zu sprechen +++ Schleswig-Holsteins Verkehrsminister Bernd
Buchholz (FDP) und Hamburgs Wirtschaftssenator Michael Westhagemann (parteilos)
diskutieren Bauprojekte auf Autobahnen in und um Hamburg

Was Sie interessieren könnte

Alltagsreporter: Die Bäckereifachverkäuferin am Hauptbahnhof

“Ein Herr, vielleicht 50, ist eine Zeit lang
regelmäßig zum Kaffeekaufen gekommen. Er hat sich mit mir unterhalten, war
immer respektvoll und höflich, es war angenehm. Irgendwann steckte unter einem
Geldschein ein gefalteter Zettel mit einer Telefonnummer. Ich rief nicht an,
ich bin verheiratet. Der Mann ist trotzdem weiterhin regelmäßig zu Besuch
gekommen, an meinem Geburtstag sogar mit einem Strauß Blumen für mich. Von dem
Datum konnte er unmöglich wissen, da hatte er offenbar ein Gespräch belauscht.
Ob ich böse sei, dass er mir seine Nummer gegeben hatte, hat er mich dann
gefragt. War ich nicht. Spätestens die Blumen haben alles wieder gut gemacht.”

An dieser Stelle finden Sie täglich unsere
Alltagsreporter. Hier schreiben Hamburger, die wir gebeten haben, uns regelmäßig
zu berichten, was sie in ihren Jobs erleben. Sie bleiben anonym, damit ihnen
beruflich keine Konsequenzen drohen.

Hamburg geht schwanger mit Emma und Henri


© Getty Images

25.567 Babys wurden 2018 in Hamburg geboren,
wieder einmal ein Rekord. Aber Vorsicht, sagt unsere Wirtschaftsredakteurin
Hanna Grabbe, die neuen Erdenbürger sind bei genauer Betrachtung nicht alle
kleine Hamburger. Immer mehr Frauen aus dem Umland bekommen ihre Babys bei uns,
weil dort Geburtsstationen schließen. Für viele werdende Mütter in Hamburg
heißt das: Stress bei der Krankenhaus- und Hebammensuche. Die meisten Kinder
wurden im katholischen Marienkrankenhaus in St. Georg geboren, auch in der
Uni-Klinik in Eppendorf und im Asklepios-Klinikum Altona kamen mehr als 3000 Babys
auf die Welt. Die beliebtesten
Vornamen
der Hamburger Babys waren im vergangenen Jahr übrigens Emma
und Henri.

“Einige Menschen sind einfach grausam”


© Hamburger Tierschutzverein

Ein flauschiges Kaninchen in einer Box, Schleife
drum – fertig ist das Weihnachtsgeschenk. Doch nach den Feiertagen wollen viele
Beschenkte ihr Haustier nicht mehr, setzen es mitunter einfach auf der Straße
aus oder werfen es sogar in die Mülltonne. Klingt brutal? Sven Fraaß vom
Hamburger Tierschutzverein kennt da noch ganz andere Fälle. Unsere Kollegin
Annika Lasarzik hat mit ihm gesprochen

Elbvertiefung: Herr
Fraaß, wie viele Tiere sind diesmal nach den Feiertagen im Tierheim gelandet?

Sven Fraaß: Seit
Heiligabend wurden 38 Tiere mutmaßlich ausgesetzt, 14 wurden zu uns gebracht.
Das sind zwar weniger als im vergangenen Jahr, da waren es zu dieser Zeit noch
73 Tierwaisen. Allerdings werden die meisten Tiere, die als Geschenke unterm
Baum gelandet sind, erst kurz vor den Sommerferien wieder ausgesetzt oder
abgegeben. Viele Besitzer haben dann endgültig die Geduld verloren und wollen
ihr Haustier kurz vorm Urlaub loswerden. Allein im letzten Sommer haben wir 780
Tiere aufgenommen.

EV: Kommen die Besitzer zu
Ihnen und sagen: Moin, ich fliege nach Ibiza, hier ist mein Hund?

Fraaß: Nein, so offen
natürlich nicht. Die meisten Leute sind schlicht zu feige und schieben andere
Gründe vor. Erstaunlich viele entwickeln zum Beispiel urplötzlich eine Allergie
gegen Tierhaare. Klar, so etwas kann vorkommen, aber gleich bei so vielen? Wohl
kaum. Andere sagen, ihr Hund sei aggressiv geworden und habe sie gebissen.
Nachprüfen können wir es nicht, wir müssen diese Info aber bei der
Weitervermittlung angeben. Es wäre fatal, wenn ein Besitzer lügen würde: Der
Hund findet womöglich erst recht kein neues Zuhause.

EV: Aus welchen Gründen
werden Tiere tatsächlich verstoßen?

Fraaß: Meistens steckt pure
Bequemlichkeit dahinter. Wir leben in einer Zeit, in der alles sofort verfügbar
ist. In sozialen Medien und Kleinanzeigenportalen werden ständig Hundewelpen
und Katzenbabys angeboten. Die sehen erst mal wahnsinnig niedlich aus und sind
mit ein paar Klicks schnell gekauft. Nur machen sich viele Käufer eben keine
Gedanken darüber, wie viel Pflege und Zuwendung so ein Haustier braucht. Und
einige Menschen sind einfach grausam. Malen Sie sich doch mal aus, was jemand
Furchtbares mit einem Tier anstellen könnte. Wir haben schon alles erlebt.

Was genau die Tierschützer bei ihrer Arbeit
erleben und warum sie sich die “Tierdetektive” Hamburgs nennen (müssen), lesen
Sie im ganzen Interview
auf ZEIT ONLINE

Was macht Hamburg zu Ihrer Heimat, Karin Beier?

“Wir Theaterleute gehören zum fahrenden Volk,
schlagen unsere Zelte mal hier, mal dort auf. Im Moment habe ich das Glück, in
einem der schönsten und größten Theater Deutschlands für ein bunt gemischtes,
weltoffenes, neugieriges Publikum zu arbeiten – da fällt es schon fast schwer,
nicht in hoffnungsloser Heimatseligkeit zu versinken. Gott sei Dank ist Hamburg
voll irrwitziger Widersprüche. Um die lebensnotwendige Portion davon zu tanken,
brauche ich nach dem Mittagessen (Lange Reihe) nur einen kleinen Spaziergang
über den Hansaplatz zum Steintor zu machen. Toll!”

Karin Beier, geboren 1965 in Köln, ist seit der
Spielzeit 2013/14 Intendantin des Deutschen Schauspielhauses

Wer wir sind


© Maria Feck

Gestatten: Florian Zinnecker, 34, Redakteur im
Hamburg-Ressort – mit Vorliebe für Themen und Recherchen in einem Milieu, das
Hamburg bei Weitem nicht erst seit Eröffnung der Elbphilharmonie lieb und teuer
ist: die Kultur. Vor meinem Wechsel zur ZEIT habe ich als Kulturchef des
“Nordbayerischen Kuriers” über die Bayreuther Festspiele berichtet und mich als
Redakteur des “Süddeutsche Zeitung Magazins” in München immer wieder mit der
Frage befasst, wo die Inszenierung endet und die Wirklichkeit beginnt. Zuvor
habe ich in Lüneburg studiert, die Hamburger Journalistenschule besucht – und
wollte schon mit 15 nach Hamburg durchbrennen, als Barpianist, mit meinem
Kontrabass im Gepäck. Den Plan habe ich dann doch lieber verworfen – und damit
zwei Eigenschaften trainiert, für die ich heute in Hamburg (und nicht nur in
der Redaktion) sehr dankbar bin: einen kritischen Blick auf die Realität. Und
eine anständige Portion Sehnsucht in der Birne.

Was Sie heute erleben können

Lesevertiefung

Drei Buchempfehlungen fürs Wochenende …

RomanEin perfekter Vorsatz fürs neue Jahr: Ruhe und Entspannung! Die sehr reiche, aber unglückliche Protagonistin nimmt das ernst und versucht mithilfe von Psychopharmaka
aller Art, ihr Vorhaben durchzuziehen. Doch dann tauchen Quittungen von Friseurbesuchen und Shoppingtouren sowie Belege für Begegnungen mit wildfremden Männern auf …
Großartig!
Ottessa Moshfegh: Mein Jahr der Ruhe und Entspannung;aus dem Englischen von Anke Caroline Burger, Liebeskind Verlag, 22 Euro

Kinderbuch Oliver Jeffers verortet die Erde in unserem Sonnensystem, zeigt uns Berg und Tal, Meer und Land, viele Tiere und vor allen Dingen Menschen. Am Ende dieses Bilderbuches
stehen der Wunsch, wir alle mögen unsere Zeit hier gut nutzen, und die Gewissheit, nie allein zu sein auf diesem Planeten.
Oliver Jeffers: Hier sind wir;aus dem Englischen von Anna Schaub, NordSüd Verlag, 16 Euro, für Kinder zwischen 4–6 Jahren

Sachbuch Ein wilder Ritt durch bunte zehn Jahre! Joachim Hentschel berichtet von den ersten Raves, spricht mit Viva-Moderatorinnen, besucht Revival-Partys, liest in alten
“Bravo”-Ausgaben – und ergründet so die Seele eines Jahrzehnts, das, historisch eingeklemmt zwischen Mauerfall und 9/11, darauf wartet, von uns wiederentdeckt zu
werden.
Joachim Hentschel: Zu geil für diese Welt. Die 90er – Euphorie und Drama eines Jahrzehnts; Piper Verlag, 15 Euro

… ausgewählt von Daniela Dobernigg; cohen+dobernigg Buchhandel; Karolinenviertel

Was geht

Kunstrahmen:Errkaa
dokumentiert mit Fotoserien wie “Garzweiler” und “Kattowitz” den Strukturwandel
in deutschen und polnischen Kohleabbaugebieten. Im Kontrast dazu blenden die
Werke des Malers Paul Wesenberg mit Farben und Formen. Ausstellung: “Referenzrahmen”.

Künstlerhaus Sootbörn, Sootbörn 22, Eröffnung heute, 19 Uhr, Ausstellung bis zum 27.1.,
Sa/So, 14–17 Uhr

Mucke ohne Mikro: Wer unplugged singt, kann keine Makel verstecken. Das schreckt
die Stimmen der letzten Staffel von “The Voice of Germany” nicht:
Künstler rund um Powerröhre Lia Joham bieten gemeinsam mit Hamburger
Chören einen Singer-Songwriter-Abend, füllen ihn mit Coversongs und eigenen
Werken.

Goldbekhaus, Bühne zum Hof, Moorfuhrtweg 9, 20.30 Uhr, 18 Euro

Was kommt

Buschs Bühne:
Wilhelm Busch gilt als Pionier des Comics, sein Werk als zeitlos, kritisch,
komisch. Das Schauspiel “Wilhelm Busch – Alles Theater?!” schafft den
Sprung aus den Büchern auf die Bühne: Es greift die Selbstzufriedenheit des
Spießbürgers auf, die Frömmelei von Geistlichen. “Dieses war der erste Streich,
doch der zweite folgt sogleich.”

Sprechwerk, Klaus-Groth-Straße 23, Sa, 20 Uhr, 21 Euro

Mystik im Museum: Margiana, ein Name wie ein Versprechen. Die ­gleichnamige
Landschaft im Osten Turkmenistans war vor rund 5000 Jahren die Wiege einer mystischen
Hochkultur. Die Sonntagsführung “Ein Königreich der Bronzezeit” stellt
alte Zeugnisse vor, vereint sie mit Bildern der Fotografin Herlinde Koelbl.

Archäologisches
Museum
, Museumsplatz 2, So, 15–16 Uhr, 3 Euro zzgl.
Eintritt

Hamburger Schnack

Der Messerschleifer klingelt an der Tür. »Wir haben ganz neue Messer«, sagt mein Mann und zeigt ihm sein Pflaster am Finger. »Seh ich«, erwidert der Messerschleifer, »da kann man heute nichts machen!«

Gehört von Barbara Gehrung

Meine Stadt

Verkehrsregeln nacherklärt, wahrscheinlich nicht nur für Manufactum-Kunden, gesehen am Burchardplatz

Verkehrsregeln nacherklärt, wahrscheinlich nicht nur für Manufactum-Kunden, gesehen am Burchardplatz
© Carsten Koch

Die heutige Ausgabe zum vertieften Lesen

Lohnt
sich das Spektakel? Unser
Kulturredakteur Florian Zinnecker zieht zum zweiten Geburtstag der
Elbphilharmonie Bilanz

“Einige
Menschen sind einfach grausam.” Was genau die Tierschützer bei ihrer Arbeit
erleben und warum sie sich die “Tierdetektive” Hamburgs nennen (müssen)

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