Psychotherapeuten in Ausbildung arbeiten oft unter schlechten Bedingungen. Ein neues Studium soll das ändern. Doch das reicht nicht, sagt eine Psychologin.
Wer Psychotherapeut werden will, muss aktuell einen Bachelor und Master in Psychologie und eine dreijährige Ausbildung zum Therapeuten machen. Weil die mehrere Tausend Euro kostet, kritisieren Psychotherapeuten und Psychotherapeutinnen in Ausbildung (Pia) die Ausbildung seit Jahren. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will die Ausbildung nun verbessern und legte am Freitag einen Plan für eine Reform vor: Ab 2020 soll es einen Studiengang Psychotherapie geben. Weil der mit einer Approbationsprüfung abschließen soll, müssten die Pia während ihrer Ausbildung regulär angestellt und bezahlt werden.
Katharina van Bronswijk ist 29 Jahre alt und Pia im dritten Ausbildungsjahr. Um sich die Ausbildung zu finanzieren, hatte sie zwei Nebenjobs, teilweise halfen ihre Eltern aus. Sie ist Vertreterin und Mitorganisatorin des Bündnisses Pia-Politik-Treffen. Im letzten Sommer hat das Bündnis eine Petition im Bundestag eingereicht und gefordert, dass die Ausbildung reformiert wird. Für das Gespräch hat sie nur stückweise Zeit, immer 15 Minuten zwischen ihren Therapiesitzungen.
ZEIT
Campus ONLINE: Katharina, ihr setzt euch seit Jahren dafür ein, dass sich die Bedingungen für
Psychotherapeutinnen und -therapeuten in Ausbildung verbessern. Was
haltet ihr von der angekündigten Reform?
Katharina
van Bronswijk: Dass
jetzt dieser Gesetzentwurf gekommen ist, begrüßen wir sehr. Auch
wenn es ja nicht so ist, dass Jens Spahn das jetzt auf einmal
reformiert. Der Entwurf ist in langer Vorarbeit entstanden, und dass
sich etwas ändern muss, stand auch schon 2013 im Koalitionsvertrag.
Trotzdem habe ich mich letzte Woche tatsächlich gefreut.
ZEIT
Campus ONLINE: Warum?
Van
Bronswijk: Weil
die nächste Psychotherapeutengeneration die Ausbildung nicht mehr
unter den Umständen wird machen muss, wie wir das gerade tun: Wir
haben oft eine 60- bis 70-Stunden-Woche. Wir machen
Ausbildungsseminare, unsere Pia-Arbeitsstunden und viele von uns
arbeiten nebenbei. Es ist eine anstrengende Zeit, in der man trotzdem
wenig Geld hat. Ich bin froh, dass man in Zukunft hoffentlich nicht
nebenbei arbeiten oder reiche Verwandte brauchen wird, um die
Ausbildung zu machen.
ZEIT
Campus ONLINE: Absolventen
werden durch die Reform schon in der Ausbildung Geld verdienen
können. Woran liegt das?
Van
Bronswijk:
Psychotherapie wird durch die
Reform ein eigenständiges Bachelor- und Masterstudium werden. An
dieses Approbationsstudium soll sich eine Weiterbildung anschließen,
in der man – wie Assistenzärzte auch – angestellt sein
soll. Das wäre eine Anstellung mit einem geregelten
Sozialversicherungsstatus, einer Krankenversicherung, einer
Arbeitslosenversicherung und vielleicht auch einem geregelten
Urlaubsanspruch oder Regelungen zum Mutterschaftsanspruch. All das
haben wir aktuell nicht.
ZEIT
Campus ONLINE: Das heißt
auch, man muss sich schon nach dem Abitur dazu entscheiden, Therapeut
zu werden. Ist das nicht schwierig?
Van
Bronswijk: Das
sehe ich auch kritisch. Als ich mit dem Psychologiestudium angefangen
habe, dachte ich: Ich werde auf keinen Fall Psychotherapeutin. Mich
haben erst meine Praktika überzeugt, dass das etwas für mich ist,
das mir das Spaß macht, und ich auch mit der seelischen Belastung
umgehen kann. Allerdings sind in dem Gesetzesentwurf relativ früh
praktische Anteile enthalten, sodass man schon früh entscheiden
kann, dass das doch nichts für einen ist. Und wenn man nach einem
Psychologiestudium feststellt, man will doch Therapeut werden, dann
muss man halt in den sauren Apfel beißen und noch ein Studium
beginnen.
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