Es ist eine harte Landung, als im September 2018 ein Frachtflugzeug auf dem staubigen Airstrip des Serengeti-Nationalparks aufkommt. Es hat nur eine Kiste geladen, darin ist eine kostbare Fracht: ein Nashornbulle namens Eric. Hinter ihm liegt eine vier Tage lange Reise quer über den Globus. Sein Auftrag: Nachwuchs zu zeugen, um das Überleben seiner Unterart zu retten. ZEIT ONLINE zeigt die Reise des Nashorns Eric in diesem Kurzfilm, produziert und finanziert von der Biodiversity Foundation, die sich für den Artenschutz einsetzt.
Diese Geschichte handelt von Eric, acht Jahre alt, 1.160 Kilo schwer, männlich, Nashorn. Genauer: ein Östliches oder Ostafrikanisches Spitzmaulnashorn. Geburtsort: der Safaripark des Zoos von San Diego, USA. Beziehungsstatus: Single. Familie: stark vom Aussterben bedroht.
Dass Eric am Leben ist, verdankt er seiner lebenslangen Gefangenschaft. Die meisten seiner Artgenossen, die einst in Freiheit durch Afrikas Savannen-, Busch- und Graslandschaften streiften, fielen Großwildjägern und Wilderern zum Opfer. Denn ihre Hörner lassen sich in Asien teils teurer als Kokain verkaufen.
Eric soll Nachwuchs zeugen, während die Wilderei weitergeht
Solche wie Eric, davon gibt es vielleicht noch 740 Exemplare (siehe Kasten) weltweit. Im Grumeti-Wildtierreservat am Rande des Serengeti-Nationalparks, seinem neuen Zuhause, leben keine 100 dieser Tiere mehr. Dem Horn, das in seiner Zusammensetzung unseren Fingernägeln ähnelt, wird eine heilende und potenzsteigernde Wirkung zugesprochen, die wissenschaftlich nicht belegt ist. Weil genug Menschen dennoch an sie glauben und Nashorn, egal in welcher Form, als Statussymbol gilt, geht der illegale Handel damit weiter.
In Südafrika wurden trotz jahrzehntelanger Schutzbemühungen seit der Jahrtausendwende Nashörner sogar zunehmend gewildert: Bis 2014 stieg die Zahl der illegal erlegten Tiere jährlich. Seither geht sie wieder leicht zurück, bleibt aber besorgniserregend hoch. Von Erics Potenz soll es nun unter anderem abhängen, ob seine Unterart ein Comeback in Ostafrika erlebt. Der ist mit seinen acht Jahren geschlechtsreif.
In seiner neuen Heimat sei Nashornwilderei noch kein so großes Problem, schildert Johannes Kirchgatter, Biologe, Geograph und Afrikareferent des WWF, “dafür gibt es dort einfach noch zu wenige Tiere”. Wilderer ziehe es eher nach Südafrika, wo die Chance, auf ein unbewachtes Nashorn zu treffen, höher sei.
Seit Längerem schon setzt Tansania vermehrt auf Fotosafaris. Doch die Trophäenjagd ist mancherorts weiterhin lukrativer und das effektivere Mittel, Geld für den Erhalt der Lebensräume, den Wildtierschutz und Einkommen zu generieren. Mit jedem Jagdausflug bringen reiche Großwildjäger pro Person fünf- bis sechsstellige Dollarbeträge ins Land. “Um die Zerstörung vor allem sehr großer Schutzgebiete – etwa durch mehr Landwirtschaft oder Bodenschatzabbau – zu verhindern, kann unter strenger Kontrolle die Jagd eine Option sein”, sagt Kirchgatter. Dies gelte aber nicht in Nationalparks, außerdem nur für bestimmte Tierarten und ganz sicher nicht für bedrohte Arten wie Spitzmaulnashörner. Sie stehen im Artenschutzabkommen in Anhang I. Der Handel mit ihrem Horn sowie die Jagd sind international verboten. “In Tansania werden derzeit und auch auf längere Sicht keine Lizenzen auf den Abschuss von Nashörnern erteilt.” Anders als in Südafrika und Namibia, wo es noch wenige Ausnahmen gibt.
Dass Eric in seiner neuen Heimat abgeschossen wird, ist also unwahrscheinlich. Zwar wird er sich frei zwischen dem Grumeti-Wildtierreservat und dem strenger geschützten Serengeti-Nationalpark bewegen können. Doch stets werden bewaffnete Ranger seinen Lebensraum sichern.
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