/Wahlumfrage in Hamburg: Laut, aber nicht effektiv

Wahlumfrage in Hamburg: Laut, aber nicht effektiv

Natürlich, Wahlumfragen sind keine Wahlen, und angesichts
einer Parteienlandschaft, die bundesweit zuletzt wieder stärker in Bewegung
geraten ist, sollte man sie besser als Momentaufnahmen auffassen. Dennoch, die
jüngste Hamburger Umfrage der Meinungsforscher von Forsa im Auftrag des
Hamburger Abendblatts dürfte die Hamburger Politik unter erheblichen Druck
setzen. 30 Prozent für die regierende SPD und 24 Prozent für die ebenfalls
regierenden Grünen – das ist zusammen eine solide Mehrheit bei stark veränderten
Kräfteverhältnissen im rot-grünen Lager. 14 Prozent für die CDU und 9 für die
FDP – selbst wenn man die 7 Prozent der AfD hinzuzählt, bleibt es bei weniger
als einem Drittel der Zustimmungsbekundungen für das politische Lager, das sich
selbst gerne das bürgerliche nennt.

Bei der letzten Bürgerschaftswahl 2015 haben sich die Kräfteverhältnisse in Hamburg damit deutlich verschoben. Damals hatte die SPD mit 45,6 Prozent der Stimmen die absolute Mehrheit nur knapp verfehlt, die Grünen kamen auf 12,3 Prozent, die CDU erreichte ein historisch schlechtes Ergebnis: 15,9 Prozent der Stimmen.

Den Christdemokraten im benachbarten Schleswig-Holstein ist die Wende gelungen

Die Strategie der kleinen CDU-Fraktion ist seither vor allem, mit Lautstärke auf sich aufmerksam zu machen. Entsprechend schrill wirkt die politische Debatte in Hamburg oftmals – besonders wenn es um Straßenverkehr oder Umweltschutz geht. Regelmäßig wirft die Opposition
den Regierungsparteien vor, das Land aus ideologischen Motiven heraus in den
Abgrund zu treiben. Die Zahlen von Forsa legen nahe, dass diese Debatte an der
Wirklichkeit vorbeigeht, wie die Mehrheit der Wählerinnen und Wähler sie erlebt. Würde ein
großer Teil der Hamburgerinnen und Hamburger glauben, ihre Stadt bewege sich in eine völlig
falsche Richtung, sähen die Zahlen anders aus.

Der demoskopische Gewinn der Grünen lässt sich als
Normalisierung deuten: Die Partei steht in den Umfragen überall gut da, und in
Städten gewöhnlich besser als auf dem Land. Den Sozialdemokraten, die in
Hamburg derzeit noch fast die Hälfte der Abgeordneten stellen, dürfte es
dennoch schwerfallen, angesichts dieses Trends gelassen zu bleiben. Vielen von
ihnen droht der Verlust ihrer Mandate, das steigert den Druck, sich auf Kosten
ihres grünen Koalitionspartners zu profilieren.

Die konservative Opposition braucht dringend ein Thema, um
sich vom Bundestrend ihrer Partei abzusetzen und die Aufmerksamkeit der Wähler
auf landespolitische Fragen zu lenken. Nebenan in Schleswig-Holstein ist das
den Christdemokraten mit der Schulpolitik gelungen: Ihr Eintreten für eine
Rückkehr zur neunjährigen Schulzeit an den Gymnasien brachte der Partei bei der
Landtagswahl 2017 den entscheidenden Zugewinn. Gut möglich, dass sich die
Hamburger Christdemokraten bei der Bürgerschaftswahl 2020 an diesem Vorbild
orientieren.

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