/Schlafprobleme: Zwei reife Kiwis und Sie schlafen wie ein Baby

Schlafprobleme: Zwei reife Kiwis und Sie schlafen wie ein Baby

Was wir in einem Drittel unseres Lebens machen? Schlafen. Jedenfalls wenn’s gut läuft. Warum tut der Mensch es überhaupt, wie viele Stunden sind genug und was hilft, wenn wir abends nicht einschlafen können und morgens wie gerädert aufwachen? Diesen und weiteren Fragen widmet ZEIT ONLINE den Schwerpunkt “Besser schlafen”.

Jeder vierte Erwachsene schläft schlecht. Wir löschen das Licht, schließen die Augen – und sind hellwach. Die Gedanken kreisen, machen uns nervös, vielleicht sogar ängstlich, und lassen uns nicht zur Ruhe kommen. Einschlafrituale und -produkte sollen helfen, dieses Gedankenkarussell abzuschalten.

Unser Schlaf ist zu einem riesigen Markt geworden. Ein McKinsey-Report von 2017 schätzt, dass weltweit mehr als 30 Milliarden Euro mit Schlafhilfen umgesetzt werden. Kissen und Luftbefeuchter mit dem Duft von Lavendel versprechen uns “Ruhe und eine angenehme Leichtigkeit”,
extraschwere Bettdecken ein “angenehmes und pflegendes Wohlgefühl” und
Klangmaschinen eine entspannte Nacht im Tiefschlaf. Doch was bringen diese angeblichen
Wundermittel tatsächlich?

Schlaf auf Knopfdruck

Besonders beliebt sind Apps, die unseren Schaf optimieren sollen. Das Angebot ist groß: Manche Apps wollen uns in der richtigen Schlafphase wecken, sodass wir morgens weniger müde sind. Andere planen ein möglichst effektives Nickerchen in unseren Tag ein oder überwachen unseren Schlaf gleich ganz, um anhand des Schlaf- und Wachrhythmus Probleme aufzuzeigen. Es gibt Apps, die uns hypnotisierend in den Schlaf reden oder uns mithilfe von Animationen zeigen, wie lange wir ein- und ausatmen sollen.

“Apps sind beliebt, weil sie versprechen, dass wir eine Taste drücken und dann direkt einschlafen können”, sagt Kneginja Richter, die als Oberärztin die Schlafsprechstunde am Klinikum Nürnberg leitet und Professorin an der Fakultät für Sozialwissenschaft der Technischen Hochschule Nürnberg ist. “Aber eine App allein funktioniert meist nicht, weil sie automatisierte Vorschläge für Tausende Nutzerinnen und Nutzer ausspuckt und weil die individuelle Bezugsperson fehlt. Die meisten Menschen halten sich deshalb nicht lange genug an die Vorschläge, die das Smartphone macht.”

Ein weiterer Nachteil der digitalen Helfer: Am Abend länger aufs Smartphone oder Tablet zu schauen, macht tendenziell eher wach. Das blaue Licht der LED-Bildschirme, das mehr kurzwellige Anteile enthält, steht unter Verdacht, unseren Melatoninspiegel negativ zu beeinflussen – die Produktion des Hormons also, das uns schlafen lässt. Abhilfe schaffen wiederum weitere Apps, die unsere Displays mit Blaulichtfiltern vollautomatisch an die richtige Tageszeit anpassen. Dem “digitalen Augenstress” können aber auch eine Brille oder sogar Kontaktlinsen entgegenwirken, die das blaue Licht mit bestimmten Filtern blocken. Ob das wirklich funktioniert, ist wissenschaftlich noch nicht nachgewiesen (Ophthalmic and Physiological Optics: Lawrenson et al., 2017). 

Möglichst keinen Schlummertrunk

Unter dem Begriff Schlafhygiene findet man Verhaltensweisen, die gesunden Schlaf fördern. Die häufigsten Tipps lauten: immer zu einer ähnlichen Zeit ins Bett gehen und aufstehen, das Schlafzimmer leise, dunkel und kühl halten, regelmäßig Sport treiben, aber nicht direkt vor dem Zubettgehen. Verzichten sollte man auf schwere Mahlzeiten am Abend, Kaffee, Tee oder andere koffeinhaltige Getränke, aber auch auf Nikotin und Drogen. Sie alle stören den guten Schlaf (The American Journal on Addictions: Garcia et al., 2015). 

Auch den Schlummertrunk sollte man lieber weglassen. Für viele Deutsche ist das
Glas Wein oder Bier am Abend eine beliebte Maßnahme, um besser schlafen zu können, das ergab eine aktuelle Umfrage der Krankenkasse Barmer. In Hamburg waren es beispielsweise 17 Prozent der Befragten.
Aus wissenschaftlicher Sicht ist das keine gute Idee, denn
nach dem Genuss von Alkohol schläft es sich zwar vielleicht leichter
ein, der Schlaf ist aber weniger tief und erholsam. Und langfristig
führt der Konsum sogar eher zu Schlafproblemen (Sucht: Jähne et al., 2013).

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