Elektroantriebe sind für die Feuerwehr zunächst keine
Verheißung, sondern ein ungelöstes Problem. Denn bisher ist nicht klar, wie eine
brennende Batterie gelöscht werden kann, sagt Tobias Quintenz, seit 25 Jahren
freiwilliger Feuerwehrmann und Leiter des Produktmanagements bei Ziegler. Das Unternehmen aus Giengen an
der Brenz ist einer der drei größten Hersteller von Löschfahrzeugen in
Deutschland.
Grundsätzlich speist sich Feuer aus drei
Quellen, erklärt Quintenz: Brennstoff, Sauerstoff und Zündenergie. Davon muss eine ausgeschaltet
werden. Bei einem brennenden Lithium-Ionen-Akku, wie er in
Elektroautos üblich ist, müsse man auf die Zündenergie abzielen, sagt Quintenz. Denn so ein Akku im Auto besteht
aus Hunderten einzelnen Batteriezellen. Wird eine beschädigt, dann folgen in
einer Art Kettenreaktion permanent elektrische Kurzschlüsse, die das Feuer ständig
von Neuem entfachen. “Ein brennender Akku lässt sich nur kühlen, kühlen,
kühlen. Über Stunden, vielleicht Tage hinweg”, sagt Quintenz.
11.000 Liter Wasser sind dafür bei einem Tesla Model S
notwendig, teilt der Hersteller mit. Üblicherweise ist ein Feuerwehrauto aber mit
1.500 bis 2.000 Litern Wasser ausgerüstet. Damit kann die Feuerwehr ein Auto
mit Verbrennungsmotor oder einen Wohnungsbrand löschen. Verunglücken Elektroautos auf einsamen Landstraßen oder auf
der Autobahn, ist ein gewaltiger logistischer Aufbau notwendig, um
kilometerlange Löschwasserleitungen zu ziehen. Eine Arbeitsgemeinschaft der
Berufsfeuerwehren tüftelt an einer Taktik fürs Löschen von Akkus. Sie fordert außerdem
einen wirksamen Brandschutz von den Automobilbauern.
Elektroantriebe ermöglichen kompaktere Löschautos
Auf der anderen Seite kann die Feuerwehr von Elektromotoren
profitieren. Denn sie können Feuerwehrfahrzeuge deutlich kompakter und damit
flexibler machen. Derzeit ist es für die üblicherweise breiten, langen und hohen
Löschfahrzeuge oft zu eng, wenn abends in Wohnsiedlungen alles zugeparkt ist.
“Gerade Feuerwehren aus großen Städten fragen vermehrt nach
kompakten Fahrzeugen an”, sagt Max Ruhdorfer, Direktor Produktstrategie, Design
und Innovation beim Löschfahrzeughersteller Ziegler. Beim Elektroauto entfallen
der große Motor und der Antriebsstrang, das Getriebe ist etwas kleiner. “Das
gibt uns gestalterischen Spielraum im Design”, sagt Ruhdorf. Elektromobilität ist für ihn in Feuerwehrfahrzeugen sinnvoll,
die besonders leicht, schmal und klein sind, Reichweiten zwischen zehn und zwanzig
Kilometern schaffen sollen – und die eventuell gleichberechtigt vorwärts und
rückwärts fahren können.
Schon seit einigen Jahren ist ein solches Rettungsauto von
Ziegler mit einer Fahrerkabine hinten und einer vorne im Ucka-Tunnel in Kroatien im Einsatz. Angetrieben wird es von vier
Elektromotoren, an jedem Rad sitzt einer. Bei einem Unfall in einem Tunnel kann es dort bis zu zehn Verletzte aufnehmen, um anschließend
– ohne drehen und wenden zu müssen – herauszufahren. “Dieses Szenario können wir
uns auch autonom oder ferngesteuert vorstellen”, sagt Ruhdorfer.
Das Problem beim E-Antrieb für die Feuerwehr: Sie muss
handlungsfähig bleiben – selbst wenn der Strom für ein oder zwei Tage
unterbrochen ist. “Deshalb werden batterieelektrisch angetriebene Feuerwehrfahrzeuge
von uns eine Art Hybrid sein”, sagt Quintenz. Ein dieselgetriebener Generator,
der zum Fahrzeug gehört, könnte den Akku laden. Oder ein kleiner
Verbrennungsmotor könnte das Auto und eine Löschpumpe antreiben, wenn der Akku
leer ist.
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