/Dokumentarfilm “ultrAslan – AVRUPA”: Ein Film auch über Deutschland

Dokumentarfilm “ultrAslan – AVRUPA”: Ein Film auch über Deutschland

Es regnet an diesem Nachmittag des 4. November 2014 in Dortmund, lang und anhaltend. Die Fans von Galatasaray marschieren quer durch die Innenstadt zum Stadion, die Polizei immer an ihrer Seite. Sie singen, man hört das Klirren von Flaschen, die auf dem Boden zerspringen, und Böller, die durch die Luft fliegen, Pyro färbt den Himmel rot und gelb, die Vereinsfarben von Galatasaray Istanbul. Es sind die Stunden vor dem Champions-League-Abend, Gala spielt gegen Borussia Dortmund, noch ist es friedlich.

Während des Spiels, das der BVB 4:1 gewinnt, kippt die Stimmung. Über das, was dann passiert, gibt es verschiedene Geschichten. Klar ist: Dortmund-Fans schwenken eine große PKK-Flagge, für die Anhänger von Galatasaray eine Provokation. Sie werfen Pyrotechnik, das Spiel wird unterbrochen. Hinterher wird zu lesen sein, ein Abbruch sei möglich gewesen. Einige türkische Fans gelangen in den gegnerischen Block, sie erobern die Fahne, was natürlich gefeiert wird.

All das sieht man in der Dokumentation ultrAslan-AVRUPA von Ümit Uludağ aus nächster Nähe. Der Regisseur ist auch an diesem Abend dabei. Als Ordner versuchen, in den Gala-Block zu gelangen, aber mit Worten und auch mit Fäusten daran gehindert werden, steht Uludağ wenige Meter entfernt. Das Bild ruckelt, dann sieht man nichts mehr und hört nur noch die Durchsagen der Polizei.

Drei Jahre hat Uludağ Ilker Sezgen, Ibrahim Bayram und Oğulcan Sariboğa, drei führende Mitglieder des deutschen Arms der Ultragruppierung von Galatasaray, und ihre Freunde mit der Kamera begleitet. Er war mit ihnen beim Fußball in Dortmund, beim Rollstuhlbasketball in Zwickau, auf einer Hochzeit, in der Moschee, und er hat bei Umzügen geholfen. Entstanden ist ein achtzigminütiges Werk, so privat und so nachdenklich, wie man es zum Thema Ultras noch nicht gesehen hat.

Mitglieder aus mehr als sechzig Ländern

Viele Ultras reden nie öffentlich. In ultrAslan wird viel geredet. Ultras sagen Ultra-Sätze (“Wäre es nur ein Spiel, wäre es nach neunzig Minuten vorbei”), aber sie sprechen auch über ihre Herkunft, über Migration und den Unterschied zwischen Integration und Assimilation. Es ist auch ein Film über Deutschland.

“Wir sind hier integriert, vergessen aber nicht, wer wir sind”, sagt Ibrahim, der in Deutschland geboren wurde, aber in der Türkei aufwuchs. “Man sollte sich integrieren, ohne sich zu assimilieren.”

ultrAslan ist eine Kopplung aus den Worten Ultra, Aslan, Türkisch für Löwe, und AVRUPA steht für Europa. Die Gruppe wurde wenige Monate nach Galatasarays Uefa-Cup-Gewinn 2000 gegründet. Heute ist in mehr als sechzig Ländern auf fünf Kontinenten vertreten. Sie hat Anhänger in London, Buenos Aires, Abu Dhabi und New York, auch in Berlin, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen.

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