In der Debatte um die Abschaffung von Hartz IV haben die Wirtschaftsweisen Christoph Schmidt und Peter Bofinger die Initiativen von SPD und Grünen als kontraproduktiv zurückgewiesen. “Die Arbeitsmarktreformen der 2000er-Jahre haben dazu beigetragen, dass die Arbeitslosigkeit auf dem niedrigsten Stand seit der Wiedervereinigung ist”, sagte Schmidt, Vorsitzender des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (SVR), der Rheinischen Post. “Jetzt dem Prinzip des ‚Förderns und Forderns‘ abzuschwören, würde vor allem zu Lasten der Schwächsten gehen.”
Auch das gewerkschaftsnahe SVR-Mitglied Peter Bofinger äußerte sich kritisch zu einer Reform von Hartz IV. Er halte wenig von einer Änderung der Sanktionen, “weil wir ohne Sanktionen de facto von einem bedingten zu einem bedingungslosen Grundeinkommen übergehen würden”. Ein solcher Systemwechsel wäre voraussichtlich sehr teuer. Außerdem wäre das Fehlen jeglicher Arbeitsanreize für die Betroffenen nicht unbedingt vorteilhaft.
SPD und Grüne fordern Alternativen zu Hartz IV
Zuvor hatten sowohl SPD als auch Grüne Vorschläge für eine Reform des derzeitigen Hartz-IV-Systems gemacht. SPD-Vorsitzende Andrea Nahles hat im Zuge des angestrebten Erneuerungsprozess der Partei angekündigt: “Wir werden Hartz IV hinter uns lassen.” Hartz IV solle durch eine neue Grundsicherung ersetzt werden, die ohne Sanktionen funktionieren soll. Auch Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil haben sich für eine Reform von Hartz IV ausgesprochen. Demnach sollten Sanktionen zwar nicht vollständig abgeschafft werden, das derzeitige Sanktionsprinzip müsse jedoch angeglichen werden.
Grünen-Chef Robert Habeck spricht sich ebenfalls für eine Abschaffung von Hartz IV aus. In einem Strategiepapier hat er Grundzüge eines neuen staatlichen Garantiesystems vorgestellt. Dieses soll auf Anreiz statt auf Bestrafung setzen, existenzsichernd sein und Zuverdienst attraktiver machen. Außerdem sieht es vor, das Schonvermögen anzuheben und alle existenzsichernden Leistungen zu bündeln. Der Zwang zur Arbeitsaufnahme und Sanktionen sind nicht vorgesehen.
Die Agenda 2010, die auch die Hartz-IV-Gesetze beinhaltet, war von der rot-grünen Koalition des damaligen Kanzlers Gerhard Schröder (SPD) beschlossen worden. Sie gilt als die größte Sozialstaatsreform der jüngeren Vergangenheit. In ihr wurden Arbeitslosen- und Sozialhilfe zur neuen Grundsicherung Hartz IV zusammengelegt. Der derzeitige Satz liegt bei 416 Euro im Monat. Im Zuge der Hartz-IV-Reform wurden zudem Sanktionen verschärft. Diese sollen den Zwang erhöhen, sich um Fortbildungen und neue Jobs zu bemühen.
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