Nach den vielen Verspätungen in diesem Jahr gibt es einen Wechsel in der Spitze der Deutschen Bahn. Philipp Nagl wird neuer Fernverkehr-Vorstand. Der bisherige Fahrplanchef ersetzt damit Kai Brüggemann, der “sein Vorstandsamt auf eigenen Wunsch niedergelegt und das Unternehmen verlassen” hat, wie ein Bahnsprecher am Sonntag in Berlin mitteilte. Nagl rückt in den Vorstand der Tochtergesellschaft DB Fernverkehr auf und ist nun dafür verantwortlich, die Pünktlichkeitsquote zu verbessern.
Im Oktober hatte die Bahn die zweitschwächste Quote in diesem Jahr erreicht. Nur 71,8 Prozent der Fernzüge kamen pünktlich. Als pünktlich gilt nach Definition der Bahn ein Zug, der weniger als sechs Minuten nach der planmäßigen Zeit sein Ziel erreicht. Grund für die vielen Verspätungen im Oktober war nach Angaben des Unternehmens ein ICE-Brand, der zu einer Sperrung auf der Strecke Köln-Frankfurt führte.
Bahnchef Richard Lutz hatte sich für dieses Jahr eine Pünktlichkeitsquote von 82 Prozent bei Fernzügen zum Ziel gesetzt, das jedoch bereits im Juli wieder aufgegeben. Stattdessen sei für 2018 mit einer Quote von unter 80 Prozent zu rechnen. Im August hatte die Deutsche Presse-Agentur von einem internen Schreiben an die Führungskräfte des Unternehmens berichtet, in dem Lutz ankündigte, der Unpünktlichkeit entschieden entgegentreten zu wollen. “Das sind wir nicht nur unseren Kunden, sondern auch unseren Mitarbeitern schuldig.”
EU-Parlament fordert höhere Entschädigungen
Währenddessen werden in der Europäischen Union neue Fahrgastrechte verhandelt. Das EU-Parlament fordert, Bahnreisende bei Verspätungen höher zu entschädigen. Am vergangenen Donnerstag verabschiedete das Parlament in erster Lesung eine entsprechende Vorlage. Bei Verspätungen von bis zu 90 Minuten sollen 50 Prozent, bei Verspätungen zwischen 90 Minuten und zwei Stunden 75 Prozent des Preises erstattet werden. Bei verpassten Anschlusszügen sollen Passagiere ohne zusätzliche Kosten Anspruch auf einen Platz im nächsten Zug haben. Dies soll auch dann gelten, wenn die Buchungen separat erfolgten. Bisher ist die Deutsche Bahn dazu verpflichtet, bei Verspätungen bis 90 Minuten 25 Prozent, bei Verspätungen bis zu zwei Stunden 50 Prozent des Fahrpreises zu erstatten.
Greifen sollen die neuen Vorschriften ab 2020 für alle Bahngesellschaften in der EU, egal ob staatlich oder privat. Derzeit gelten die europäischen Regelungen zu Fahrgastrechten aus dem Jahr 2009. Über eine Neuregelung der Verordnung entscheidet das Europarlament gemeinsam mit dem Rat der EU-Mitgliedstaaten. Diese haben sich noch nicht auf eine gemeinsame Position geeinigt. Parlament und Rat müssen danach einen Kompromiss aushandeln.
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