Es sind nur noch
wenige Tage. Am 2. Februar läuft die Sechzig-Tage-Frist
ab, die Russland von den Vereinigten Staaten gesetzt worden ist, um
den INF-Vertrag doch noch vor dem Scheitern zu bewahren. Dieses
Abkommen zum Verbot atomarer Mittelstreckenraketen ist in akuter
Gefahr. Lenkt Russland nicht in letzter Minute ein, werden die
Amerikaner den Vertrag kündigen. Sechs Monate später, am 2. August
2019, ist er dann Geschichte.
Die für Europa wichtigste Vereinbarung
zur atomaren Abrüstung, 1987 von Ronald Reagan und Michail Gorbatschow unterschrieben, wäre damit tot. Mit dem INF-Vertrag
wurde einst eine ganze Kategorie von Nuklearwaffen abgeschafft, genau
2692 russische und amerikanische Mittelstreckenraketen wurden in
kurzer Zeit vernichtet. Es war eine Sternstunde der
Abrüstungsdiplomatie.
Heute, 32 Jahre später, registrieren
die Mächtigen in Washington und Moskau das bevorstehende Ende des
Vertrages mit wenig mehr als einem Achselzucken. Gespräche zwischen
Vertretern der USA und Russlands scheiterten vergangene Woche in
Genf. Außenminister Heiko Maas versucht derweil, zu retten, was
kaum noch zu retten ist. Vergangenen Freitag in Moskau, an diesem
Mittwoch in Washington.
Maas hatte schon Ende Dezember vor
einer erneuten Nachrüstungsdebatte in Europa gewarnt: “Eine
Stationierung neuer Mittelstreckenraketen würde in Deutschland auf
breiten Widerstand stoßen.” Aber auch die Bundesregierung hat sich
beim letzten Treffen der Nato-Außenminister wie alle anderen
Bündnispartner den Vorwürfen der USA angeschlossen. Danach verstößt
Russland mit dem Bau und der Stationierung des neuen
Marschflugkörpers SSC-8 gegen den Vertrag, der alle
Mittelstreckenraketen mit einer Reichweite zwischen 500 und 5.500
Kilometern verbietet.
Anfang des Jahres richtete
Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg einen dringenden Appell an
Russland, eine “letzte Chance” zur Rettung des Vertrags zu
nutzen. “Wenn Russland nicht wieder vertragstreu wird, haben wir
ein großes Problem”, warnte der Norweger. In Europa wachse dann
“das Risiko eines begrenzten Atomkriegs”.
Die russische Regierung aber bestreitet
weiterhin jeden Vertragsbruch. Die USA wiederum gehen keinen Schritt
auf Moskau zu. Ein Angebot der russischen Unterhändler zur
Inspektion des umstrittenen Marschflugkörpers lehnten sie ab. Andrea Thompson, im State Department für Rüstungskontrolle zuständig,
begründete diese Weigerung nach den Gesprächen in Genf so: Einen
Blick auf die Rakete zu werfen bringe keine neuen Erkenntnisse über
deren Reichweite. Amerika verlange die “verifizierbare Zerstörung”
der neuen Marschflugkörper.
Das ist eine merkwürdige
Argumentation – bedenkt man, dass die Amerikaner fünf Jahre lang
Transparenz über die SSC-8 (im russischen Militärjargon: 9M729)
gefordert haben. Jetzt weisen sie das Angebot zurück, statt es
anzunehmen und mit einer Gegenofferte zu reagieren. Nämlich
russische Experten einzuladen, ihrerseits die Raketenabwehrsysteme
der Nato in Rumänien und in Polen zu inspizieren. Die Regierung in
Moskau behauptet, diese richteten sich gegen Russland und verletzten
ihrerseits den INF-Vertrag.
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