Bei einem Bootsunglück vor der Küste Libyens könnten bis zu 120 Menschen gestorben sein. Das berichtete der Sprecher der Internationalen Organisation für Migration (IOM), Flavio Di Giacomo, auf Twitter. Di Giacomo beruft sich auf die Aussagen der drei mutmaßlich einzigen Überlebenden des Unglücks.
Demnach soll sich das Unglück bereits am Freitag ereignet haben. Etwa 120 Menschen sollen in der Nacht von Donnerstag auf Freitag mit einem Schlauchboot von der libyschen Küste abgelegt haben, welches daraufhin nach Angaben der italienischen Marine etwa 50 Seemeilen nordöstlich der libyschen Hauptstadt Tripolis in Seenot geriet.
“Sie haben uns gesagt, dass auf dem Schlauchboot 120 Personen waren. Nach zehn bis elf Stunden Fahrt begann dem Boot die Luft auszugehen und es fing an zu sinken. Die Menschen sind ins Meer gefallen und ertrunken”, zitiert die italienische Nachrichtenagentur Adnkronos Di Giacomo. An Bord seien demnach vor allem Westafrikaner und etwa 40 Sudaner gewesen. Unter den Vermissten sollen nach Angaben der Überlebenden auch Frauen und zwei Kleinkinder sein.
Die italienische Marine hatte zunächst mitgeteilt, dass sich insgesamt noch etwa 20 Menschen auf dem sinkenden Boot befunden hätten. Drei von ihnen hätten geretten werden können und seien per Hubschrauber auf die italienische Insel Lampedusa gebracht worden.
Gerettete kritisieren späte Hilfe
Die drei Geretteten erhoben unterdessen Vorwürfe gegen die Verantwortlichen. Mehrere Stunden lang habe es keine Hilfe gegeben. Die italienische Küstenwache teilte dagegen mit, sie habe den internationalen Regeln entsprechend gehandelt, die zuständigen Kollegen in Libyen informiert und dabei ihre Unterstützung angeboten. Zudem habe Libyen ein Frachtschiff in der Nähe gebeten, nach Überlebenden zu suchen. Dabei sei jedoch niemand gefunden worden. Auch das Hilfsangebot der deutschen Seenotrettungsorganisation Sea-Watch sei weitergeleitet worden, erklärte die italienische Küstenwache.
“Ohne sichere und legale Wege für Menschen, die Sicherheit in Europa suchen (…), bleibt das Mittelmeer ein Friedhof”, twitterte die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen. Seit Beginn des Jahres sind – das letzte Unglück nicht eingerechnet – laut IOM im Mittelmeer 83 Menschen gestorben.
Italiens Innenminister Matteo Salvini, dem Kritiker eine flüchtlingsfeindliche Einwanderungspolitik vorwerfen, verwies auf illegale Schleuseraktivitäten: “Solange Europas Häfen offen bleiben, solange jemand den Schleppern hilft, machen die Schlepper leider weiter Geschäfte und töten weiter”, sagte Salvini.
Rettungsschiff “Sea-Watch 3” berichtet von Rettungsaktion
Die deutsche Hilfsorganisation Sea-Watch hat unterdessen erklärt, erneut Migranten aus dem Mittelmeer gerettet zu haben. 47 Menschen seien aus Seenot gerettet worden. Die Menschen von einem Schlauchboot seien nun sicher und versorgt. Wo die Sea-Watch 3 allerdings nun anlegen kann, ist unklar. Salvini erklärte bereits, das Schiff dürfe in Italien nicht anlegen.
In den letzten Monaten waren mehrere Rettungsschiffe mit Migrantinnen und Migranten tagelang auf dem Meer blockiert worden. Darunter waren zuletzt zwei Schiffe der deutschen Hilfsorganisationen Sea-Watch und Sea-Eye. Erst nachdem sich mehrere EU-Länder bereit erklärt hatten, die Menschen aufzunehmen, hatte die maltesische Regierung schließlich den Rettungsschiffen die Einfahrt in einen Hafen gewährt.
Seit die maltesische und die italienische Regierung ihre Häfen für Migranten weitgehend geschlossen haben, ist die Zahl der Ankömmlinge deutlich gesunken. Italien und die EU unterstützen die libysche Küstenwache darin, die Menschen wieder nach Libyen zurückzubringen, von wo aus die meisten Migranten ablegen.
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