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Theresa May: “Geben Sie diesem Deal eine zweite Chance”

Die britische Premierministerin Theresa May hat vor einem Auseinanderbrechen des Vereinigten Königreichs im Falle eines EU-Austritts ohne Abkommen gewarnt. Ein sogenannter No-Deal-Brexit würde die Befürworter einer schottischen Unabhängigkeit und eines Zusammenschlusses von Nordirland und Irland stärken, mahnte die Vorsitzende der konservativenTory-Partei bei einer Ansprache im Parlament. “Das ist mit Sicherheit die eigentliche Bedrohung für unsere Union”, sagte May.

Vor diesem Hintergrund rief die Regierungschefin die Abgeordneten auf, dem mit Brüssel ausgehandelten Abkommen zuzustimmen. “Geben Sie diesem Deal eine zweite Chance”, sagte May.

Trotz Mays Appellen in letzter Minute sah aber auch ihre Regierung einen Tag vor der Abstimmung kaum eine Chance auf eine Mehrheit, wie Handelsminister Liam Fox in der BBC eingestand. Viele Politbeobachter in London spekulieren darüber, wie schlimm die Niederlage für May ausfällt und wie es danach weitergeht. Etwa 100 Abgeordnete ihrer eigenen Partei haben sich bereits gegen das Abkommen ausgesprochen. Auch die nordirische Protestantenpartei DUP, von deren Stimmen Mays Minderheitsregierung abhängt, will gegen den Austrittsvertrag votieren.

Die Oppositionsparteien wollen ohnehin geschlossen gegen Mays Deal stimmen. Labour-Chef Jeremy Corbyn kündigte im Fall einer Niederlage der Premierministerin ein Misstrauensvotum gegen sie im Parlament an.

Welcher Text zur Abstimmung steht, ist offen

Dabei ist noch völlig offen, über welchen Text die Abgeordneten abstimmen und ob das Votum überhaupt stattfindet. So kann die ursprüngliche Beschlussvorlage der Regierung durch vorherige Änderungsanträge so stark geändert werden, dass die eigentliche Abstimmung gar nicht erst stattfindet. Für May hätte das den Vorteil, dass ihr eine schwere Niederlage womöglich erspart bliebe. Sie könnte stattdessen beanspruchen, den Auftrag für Nachverhandlungen mit der EU erhalten zu haben. 

Zuletzt machten EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker und EU-Ratspräsident Donald Tusk neue Zusicherungen. In einem langen Brief an die Regierung in London kommen sie dieser in zwei Punkten entgegen: Zum einen wird der sogenannte Backstop, also die besonders umstrittene Garantie für eine offene Grenze zwischen dem britischen Nordirland und der Republik Irland als reine Rückversicherung dargestellt, die möglichst nie genutzt werden soll – und falls doch, dann nur übergangsweise, bis eine bessere Lösung gefunden ist. Zum anderen bestätigte die EU-Spitze, dass diese Zusicherungen “juristischen Wert” haben.

Flussdiagramm mit den möglichen Ausgängen der Brexit-Verhandlungen

In der Substanz ändert der neue EU-Brief allerdings nichts. Denn Juncker und Tusk halten gleich zu Beginn fest: “Wie Sie wissen, sind wir nicht in der Lage, irgendetwas zuzustimmen, das das Austrittsabkommen ändert oder nicht mit ihm übereinstimmt.” Auch May räumte im Unterhaus ein, dass die von den Kritikern gewünschte Befristung des Backstop nicht möglich gewesen sei.

Entsprechend äußerten sich führende Vertreter der nordirischen Protestantenpartei DUP, von der die Minbderheitsregierung von Premierministerin May abhängt. Die Bedenken seiner Partei gegen den Brexit-Deal seien dadurch sogar noch verstärkt worden, sagte DUP-Fraktionschef Nigel Dodds. “Nichts ist neu. Nichts hat sich verändert.”

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