Am 1. Januar übernimmt Jair Bolsonaro das Präsidentenamt Brasiliens. Dem Land dürften damit vier turbulente Jahre bevorstehen. Bolsonaro hat klar gemacht, dass er Brasilien eine neue Richtung geben will. Es soll konservativer, nationalistischer und militaristischer werden.
Während seine Anhänger dem Rechtsruck entgegenfiebern, rufen die Pläne bei Bolsonaros Gegnern enorme Ablehnung und Ängste hervor. Auch in Brasilien hat eine extreme Polarisierung der politischen Lager stattgefunden. Das Freund-Feind-Denken wird dabei von niemandem so verkörpert und befördert wie von Bolsonaro selbst.
Wie US-Präsident Donald Trump ist er ein Mann, der nicht auf Ausgleich und Kompromisse setzt, sondern auf Konfrontation.
Eine weitere Parallele zu Trump: Bolsonaro verachtet traditionelle Medien und kommuniziert Vorhaben über Twitter. In einem seiner letzten Tweets vor Weihnachten hat er bekannt gemacht, worauf er sich zunächst konzentrieren wolle: „Den Staat reduzieren, Entwicklung ohne die Behinderung durch NGOs, bilaterale Wirtschaftsabkommen sowie die Veränderung der schäbigen Ausrichtung unserer Bildung.“
Stark und schwach zugleich
Das bedarf der Erklärung. Der brasilianische Staat ist stark und schwach zugleich. Einerseits kontrolliert er zahlreiche Unternehmen wie den Erdölgiganten Petrobras. Er hat eine absurde Bürokratie erschaffen, die jedes wirtschaftliche Engagement erschwert. Und er leistet sich hohe Ausgaben für seine Angestellten, Brasilia ist nach Washington die zweitteuerste Hauptstadt der Welt. Eine Reduzierung des Staats scheint also eine gute Idee zu sein.
Bolsonaros Wirtschaftsminister Paulo Guedes hat angekündigt, Staatsbetriebe zu privatisieren, das Rentensystem zu reformieren und Hürden für Investoren abzubauen. Die Liberalisierung könnte zu einer Belebung der Wirtschaft führen, die seit fünf Jahren stagniert. Sie wird allerdings auch den erbitterten Widerstand der Gewerkschaften hervorrufen.
Gleichzeitig ist der brasilianische Staat extrem schwach. Er kann die illegale Abholzung des Regenwalds nicht aufhalten und ist abwesend in den Tausenden Favelas. Auch das Bildungs- und Gesundheitssystem bedürften dringend Investitionen. Hier wäre ein präsenter und intelligenter Staat vonnöten. Auf Bolsonaros Agenda spielt das jedoch keine Rolle.
Nähe zum Militär
Wenn Bolsonaro in seinem Tweet weiterhin von „Entwicklung ohne NGOs“ spricht, dann zielt er auf Umweltschutz- und Menschenrechtsgruppen. Sie behindern seiner Meinung nach den wirtschaftlichen Fortschritt. „Wir werden den Aktivismus in Brasilien beenden“, erklärte Bolsonaro kurz nach der Wahl.
Es ist zu erwarten, dass in Zukunft Großprojekte ohne Rücksicht auf mögliche Umweltschäden und negative Folgen für die lokale Bevölkerung durchgewunken werden, auf welche besonders Nichtregierungsorganisationen immer wieder hinweisen. Bolsonaros Zorn richtet sich auch gegen Gruppen, die das brutale Vorgehen der Militärpolizei in den Favelas kritisieren.
Er hat angekündigt, dass die Sicherheitskräfte unter ihm größtmögliche Handlungsfreiheit haben werden. Auch aus seiner Ablehnung gegenüber internationalen Organisationen und Abkommen macht Bolsonaro keinen Hehl. Dem Pariser Klimaabkommen steht er kritisch gegenüber, spricht allerdings nicht mehr von einem Austritt.
Bolsonaro hat die Zeit seit seiner Wahl genutzt, um 22 Minister zu ernennen. Dabei fällt das Gewicht der Militärs auf, die rund ein Drittel seiner Regierungsmannschaft ausmachen. Weniger im Vordergrund stand bislang, wie Bolsonaro sich Mehrheiten im zersplitterten Parlament verschaffen will. Er zählt dort auf drei Parteien, die 91 von insgesamt 513 Sitzen haben. Für Bolsonaro beginnt nun der komplizierteste Teil des Regierens: das Werben um eine verlässliche Mehrheit für den Weg nach rechts.
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