Das Lachen werdender Eltern ist das Schönste für sie. Doch die geringe Anerkennung schmerzt. Schlecht bezahlt und überlastet: Das anonyme Gehaltsprotokoll einer Hebamme
Alter: 30
Beruf: Hebamme
Gehalt: 1.738 Euro Netto plus Zulagen
Ich erlebe jeden Tag kleine Wunder. Wer kann das schon von sich sagen? Es ist immer wieder faszinierend zu sehen, wie ein Mensch in einem Menschen wächst, wie er die Welt das erste Mal erblickt. Doch hinter jedem Wunder steckt harte Arbeit.
An einem gewöhnlichen Arbeitstag kümmere ich mich um bis zu vier Geburten. Für jede bereite ich den Kreißsaal vor, beruhige die Mutter, sorge in der Pressphase dafür, dass sie richtig atmet und die Stellung hält. Ich massiere ihr im Wehenschmerz den Rücken, halte ihre Hand und spreche ihr Mut zu. Ich bin die Erste, die das Neugeborene berührt, die Nabelschnur trennt, es untersucht und überwacht. Häufig ist der Druck riesig, schließlich trage ich die Verantwortung für Mutter und Kind. Ein Fehler kann zum Albtraum werden.
Ich erinnere mich noch gut an diese eine Schicht letztes Jahr im Sommer. Zwei von drei Kolleginnen waren krank. Wir waren zu zweit für sechs Kreißsäle zuständig. Der Schweiß stand uns im Gesicht. Keine Zeit für einen Schluck Wasser. Keine Zeit für den Gang zur Toilette. So wird auch die schönste Fließbandarbeit der Welt zur Qual. Wir hatten Glück, alle Kinder kamen gesund zur Welt.
Der schönste Moment ist der erste Schrei des Babys. Meine Schweißperlen fallen auf den kalten Boden, aber der erste Dank der Eltern richtet sich wie immer an den Arzt, der seit zwei Minuten im Kreißsaal ist. Die fehlende Anerkennung schmerzt. Eine Hebamme darf eine Geburt ohne einen Arzt durchführen, ein Arzt jedoch niemals eine Geburt ohne uns.
Die ganze Gesellschaft schaut über uns hinweg. Bringt der Gesundheitsminister das Pflegestärkungsgesetz auf den Weg, spielen Hebammen explizit keine Rolle. Muss in Krankenhäusern gespart werden, macht die Geburtsstation oft als erstes zu. Wenn wir demonstrieren, schließt sich kaum jemand anderes an. Wollen wir streiken, ernten wir verachtende Blicke statt Solidarität.
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